Triest ist für sich schon eine Reise wert. Immer mehr entdeckt die Hauptstadt von Friaul-Julisch Venetien nun zudem die Anziehungskraft bedeutender Künstler. Mit keinem geringerem als Vincent Van Gogh wird aktuell im städtischen Museum Revoltella aufgewartet, was nicht nur Kunstinteressierte anzieht – zählt er schließlich, wenn auch zu Lebzeiten verkannt, als Begründer der Modernen Malerei.

Die Ausstellung protzt aber nicht mit seinen berühmten Sonnenblumen, sondern gibt Einblicke in den künstlerischen Werdegang des Niederländers, der am 30. März 1853 in Zundert geboren wurde und sich im Alter von 37 Jahren im französischen Auvers-sur-Oise das Leben nahm. Bevor Van Gogh zu Pinsel und Ölfarben griff, übte er sich ausgiebig im Zeichnen, das er laut Begleittext als „Ursprung von allem“ bezeichnete. Ganz in diesem Sinne beeindrucken in der chronologisch gehängten Schau frühe Zeichnungen aus den Jahren 1881 bis 1885. Die Darstellungen von Menschen aus seiner Umgebung wie Bauern, Bäuerinnen, Holzfäller oder Handwerker bei ihrer anstrengenden Arbeit zeugen von einem feinsinnigen Beobachter. Van Gogh fängt dabei das Leben dieser Zeit ein, wie er mit den ernsten Gesichtern und gebückten Haltungen seiner Zeitgenossen auf die Härte des Daseins hinweist. Aber auch in diesen Arbeiten sind bereits markante Lichtpunkte in Weiß gesetzt, die seine so berühmt gewordenen Gemälde dynamisch zum Strahlen bringen.

Spektakulär wird es, wenn Van Gogh durch seinen Aufenthalt in Paris ins Reich der Farben eintritt, auch für die Ausstellungsbesucher: Ein gesamter Raum macht die Strahlkraft seiner Malerei durch Videobespielung zu einem immersiven Kunsterlebnis und lässt seine Werke beinahe lebendig werden. Wie sich die Farbpalette des Künstlers durch die unterschiedlichen Lichtverhältnisse in seiner Heimat und in Frankreich ändert, zeigen an einer Wand angebrachte Farbkästchen, die sich öffnen lassen und ein zusätzliches Eintauchen in die Welt der Wahrnehmung ermöglichen.

Über 50 Werke des niederländischen Kröller-Müller Museums aus Otterlo, das die zweitgrößte Van-Gogh-Sammlung der Welt beherbergt, sind in der Ausstellung zu sehen. Darunter das Porträt von Joseph-Michel Ginoux aus 1888, einem Freund des Künstlers, das dank einer Leihgabe der römischen Nationalgalerie für Moderne Kunst in Triest wieder mit dem Bildnis seiner Frau zusammenfindet. Begleitet wird die didaktisch gut auf Italienisch und Englisch aufbereitete Schau durch projizierte Briefe Van Goghs, die einen zusätzlichen Einblick in sein bewegtes Leben geben.

Eine farbintensive Naturwelt wird in dem repräsentativen Herrschaftshaus Revoltella mit einer Ausstellung von Antonio Ligabue (1899–1965) geboten. Auch er wurde in seinem Heimatdorf nicht als Künstler anerkannt, bekam aber vor allem wegen der Farbintensität und der Ausdrucksstärke seiner Bilder auch internationale Beachtung. In unmittelbarer Direktheit strotzen die Tierdarstellungen des Autodidakten und erweitern kraftvoll das Bilderlebnis von Van Gogh.