Ein Tagestrip führte Papst Franziskus am Sonntag zur Biennale nach Venedig. Bei der 60. Auflage der Ausstellung bespielt der Vatikan einen Pavillon im Frauengefängnis auf der Insel Giudecca mit einem Kunstparcours zum Thema Menschenrechte – man will eine Kultur der Begegnung fördern und auf die Probleme von Ausgegrenzten hinweisen. Als Willkommensgruß für Franziskus hat sich die Stadt Venedig etwas Originelles einfallen lassen: eine Ausstellung des römischen Streetart-Künstler Mauro Pallotta alias Maupal mit 25 Cartoons, die er vom Papst geschaffen hat. „Maupal bringt in seinen Zeichnungen die Botschaften des Papstes auf den Punkt und spricht damit die Jugend der ganzen Welt an“, sagt Stadträtin Paola Mar.
Vor zehn Jahren schuf Maupo mit „Super Pope“ an einer Wand in der Nähe des Vatikans sein erstes Papst-Cartoon und zugleich sein erstes Streetart-Werk. Es wurde von der Gemeinde Rom zwar innerhalb kürzester Zeit entfernt, schlug aber via Socia Media ein wie eine Bombe und machte ihn schlagartig weltweit berühmt. „Ich war naiv, kannte mich mit Street Art nicht aus und signierte das Werk auch noch, ein No-Go“, erzählt Pallotta. Der Absolvent der Akademie der schönen Künste war damit gleichzeitig amts- und polizeibekannt.
Mittlerweile hat er den Heiligen Vater 25-mal nicht nur in den Straßen der ewigen Stadt dargestellt – als Öko-Aktvisten auf einem Roller, Friedensbringer mit seiner Aktentasche voller Werte, Liebesbotschafter mit einem Herzen statt einem Stein in der Schleuder. In Rom wurden die Bilder immer umgehend entfernt. Nach italienischem Gesetz ist die Darstellung von Staatsoberhäuptern verboten. „Anfangs hat mich das schon sehr getroffen, schließlich sind meine Botschaften immer positiv, ich bin ein Fan des Papstes. Jetzt verstehe ich es, jemand könnte das Bild auch verändern und ins Negative verzerren.“
Was fasziniert ihn so an Franziskus? „Er steht für Integration und Inklusion, für Frieden und Menschenrechte und gegen Gewalt, er ist immer auf Seite der Schwachen, setzt sich für die Umwelt ein und interessiert sich nicht für Macht und Geld. Als ich klein war, hab ich mir immer so einen Papst gewünscht. Außerdem schaut er aus wie mein Opa und war mir deshalb von Anfang an vertraut.“ Dass Franziskus mit seinen Forderungen auch für gläubige Katholiken oft unbequem ist, liegt für Pallotta auf der Hand. Aufgewachsen und wohnhaft im Borgo, einem Stadtteil, der unmittelbar an den Vatikan grenzt, ist der Künstler gewissermaßen ein Nachbar des Papstes. Er erlebte mit, wie Jorge Bergoglio kurz nach seiner Wahl ohne Leibwache die Gegend erkundete oder sich bei einem Optiker um die Ecke seine Brillengläser auswechseln ging. Mittlerweile sind solche Alleingänge längst Geschichte und die Sicherheitskräfte können sich entspannen.
Pallotta selbst hat den Papst viermal getroffen. „Das erste Mal gleich nach meinem Super Pope. Einmal bei der Einweihung eines meiner Wandbilder, ich war so ergriffen, dass ich auf das Protokoll vergaß und ihn statt mit Eurer Heiligkeit oder Heiliger Vater mit Herr Papst ansprach – er lachte herzlich. Einmal schenkte ich ihm ein Gesundheits-T-Shirt. Das kühlt bei Hitze und wärmt bei Kälte, damit konnte er aber als Argentinier nicht viel anfangen. Und im Vorjahr habe ich ihm eine Sammlung meiner Papst-Bilder geschenkt.“ An den Dialog mit dem Papst erinnert sich der Künstler noch gut. „Warum zeichnest du mich immer so mollig“, meinte Franziskus damals. „Aber nein! Das ist nur die weiße Farbe, Weiß trägt auf“, erwiderte Pallotta, der über den Papst sagt: „In seinen Augen siehst du das Licht eines 15-Jährigen, er strahlt eine unglaubliche Vitalität aus.“
Ohne Botschaft wird der Künstler nicht tätig: „Ich male nur, wenn ich etwas zu sagen habe und dann soll es jeder verstehen, vom sechsjährigen Kind bis zur 90-jährigen Oma, von der dreifachen Akademikerin bis zum Straßenkehrer.“ Im öffentlichen Raum tätig wird Pallotta nur im Morgengrauen: „Da haben die meisten einen niedrigen Blutdruck, auch Polizisten.“
Lisa Kassin