Der Karneval ist vorbei, aber in Grado steht er noch bevor. Der große Umzug wird am 20. Juli stattfinden. Der Carnevale estivo bei schwül-heißen Temperaturen wie in Rio de Janeiro und mit üppig dekorierten Wagen, die spät am Abend durch den Ort ziehen, sorgt für ordentlich Trubel. Aber einige Tourismus-Experten der Insel (und irgendwie ist ja hier jeder ein Experte – oder hält sich zumindest für einen) finden das ziemlich unsinnig. Denn im Sommer sei Grado ja ohnehin übervoll; ein Event zur „echten“ Karnevalszeit würde dagegen den Tourismus in der Nebensaison beleben. Kein dummes Argument: Immerhin finden die Umzüge in der Umgebung mit bis zu 90 Wagen statt, was tausende Karnevalisten in den Ort spülen würde, auf der Suche nach Pasta, Wein und Hotelzimmern.
In der letzten Kolumne berichtete ich von den Plänen der Strandverwaltung, aus Grado ein zweites Saint-Tropez zu machen. Nun kam der erste bittere Dämpfer für die ehrgeizigen Ziele: Die Frecce Tricolori werden zum ersten Mal seit mehr als 30 Jahren nicht nach Grado kommen. Bis zuletzt wurde verhandelt, denn die Kunstflugstaffel ist von Juni bis August auf großer USA-Tournee. Der Kommandant schlug den 5. Mai vor, doch das war den Verantwortlichen in Grado zu früh. Nun zeigen sie am 15. September ihr Können – im Himmel über Lignano. Auch hier gilt wie für den Sommerkarneval: Warum die Aktivitäten nicht entzerren und den Menschen auch in der Nebensaison was bieten? Wäre der 5. Mai nicht ein akzeptabler Kompromiss in einem ungewöhnlichen Jahr gewesen?
Immerhin tut sich in der Fußgängerzone Erfreuliches: Zumindest die Fassade des Hotels Adria in der Fußgängerzone soll bis zum Sommer fertig sein – das wurde ja auch Zeit. Der gesamte Neubau beläuft sich auf 25 Millionen Euro, eine enorme Summe, allerdings wird das Gebäude, einst das erste Haus am Platz, auch mehr oder weniger komplett neu aufgebaut. Spannend wird sein, ob der Neubau fünf Sterne bekommt, so wie das Savoy. Noch spannender: Wird es rechtzeitig zum Beginn des nächsten Jahres fertig, wenn Gorizia, die Provinzhauptstadt, zu der auch Grado gehört, Europas Kulturhauptstadt wird und sicher auch auf unserer Lieblingsinsel der Bedarf an Hotelbetten steigt?
Im Mai stehen in Grado Neuwahlen an, und der Kandidat des Linksbündnisses steht nun fest. Es ist ein Kandidat, der vor dreißig Jahren schon einmal Vizebürgermeister war – damals für das Rechtsbündnis. Ach, du wunderbare, wirre Lokalpolitik! Grados Wahlkampf wird uns in den nächsten Kolumnen noch begleiten. Versprochen: Es wird wild werden.
Stefan Maiwald