Karneval und Kroatien, das klingt nicht unbedingt nach einer geläufigen Kombination. Dabei hat der Fasching im Süden vielerorts mindestens genauso bunt gefeiert wie hierzulande. Am auffallendsten geht es in der Hafenstadt Rijeka zu. Hier sprechen die stolzen Einwohner zurecht von der fünften Jahreszeit. Nach der Wahl zur Karnevalskönigin und der symbolischen Übergabe des Stadtschlüssels von Bürgermeister Marko Filipović präsentiert sich das Treiben in der Universitätsstadt vielseitig – von Maskenbällen über den Kinderfasching bis hin zum Höhepunkt, dem Umzug am Faschingssonntag (11. Februar). Dann steht die ganze Innenstadt im Zeichen des Karnevals. 10.000 Maskierte, organisiert in weit über einhundert Gruppen, ziehen durch die Stadt und begeistern dabei bis zu 120.000 Zuschauer – nicht zuletzt deshalb bemerkenswert, weil Rijeka selbst nur knapp über 100.000 Einwohner zählt.
Umzug dauert acht Stunden
Die weitläufigen Straßen und Fußgängerzonen sind wie gemacht für diese Großveranstaltung. Die Narren-Gruppen zeigen auffallende Choreografien und werden mitunter von Musikkapellen begleitet. Auf mehreren Bühnen entlang der Umzugsstrecke wartet zusätzliche Unterhaltung auf die Besucher. Das Fest dauert gut und gerne acht Stunden, beginnt zu Mittag und endet erst nach 20 Uhr im Hafen Rijekas.
International hat sich das Fest längst einen Namen gemacht. Am Umzug im Vorjahr nahmen nicht nur Faschingsgruppen aus allen Teilen Kroatiens teil, sondern auch aus Italien, Ungarn, Montenegro, Mazedonien, Indien und Malaysia. Während im italienischen Venedig oder im slowenischen Ptuj klassische Masken mit langer Tradition im Fokus stehen, wird es in Rijeka seit dem Wiederaufleben der Faschingsfeierlichkeiten 1982 modern und schrill. Hört man sich in der Stadt um, denken die Besucher beim Umzug eher an das Tanzspektakel in Rio als an die Masken der Serenissima.
Gruselige Glockenträger
Einzig die Zvončari sind ein Überbleibsel aus längst vergangenen Tagen. In Schaffelle gekleidet, mit Glocken an den Beinen und der Hüfte und mit Tierschädeln in den Händen ähneln sie den heimischen Perchten. Sie sollen dem Winter mitsamt seinen Dämonen den Gar aus machen. Seit 2009 stehen die Glockenträger auf der Liste des immateriellen Kulturerbes der Unseco.
Die Zvončari sind überall vertreten, wo in der Kvarner Bucht und in Istrien Karneval gefeiert wird. Zwischen Faschingssamstag und Faschingsdienstag trifft man unter auch in Crikvenica, Opatija und Pula sowie in den kleinen Dörfern des istrianischen Hinterlandes auf Umzüge.
Der Fasching in Zagreb fällt vergleichsweise klein aus. Der Umzug auf dem Hauptplatz zählt zu den Fixpunkten im Kalender. Traditionell zieht es die Bewohner der Hauptstadt aber ins nahe gelegene Samobor, das ganz im Zeichen maskierter Kinder steht.
Traditionelles in Dalmatien
Im Gegensatz zum schrillen Rijeka setzt man in Dalmatien auf regionale Traditionen. Auf der Insel Pag werden das überlieferte Drama „Pag’s Sklavenmädchen“ und der Kreistanz Kolo aufgeführt. Auf Korčula umfasst das Programm traditionelle Schwerttänze in historischer Kleidung und Lastovos „Poklad“ gehört überhaupt zu den ältesten Faschingsveranstaltungen Europas - organisiert mit einem straffen Zeitplan, der die Tage voller Tanz, Schwertvorführungen und Gesänge strukturiert. In Dubrovnik bildet „Karnevo“ das Abschlussspektakel für das Winterfest der Stadt.
Höhe- und Schlusspunkt des Karnevals in Kroatien ist die Verbrennung einer großen Strohpuppe, die der kalten Jahreszeit den Rest geben soll. In Rijeka wird „Pust“ für alle Sünden der Stadt verantwortlich gemacht, schuldig gesprochen und im Hafenbecken angezündet. Ein sorgenfreier Start in den Frühling ist bei so viel Engagement fast schon garantiert.