Bittersüßes Traumwetter: Viele Österreicher, die an diesem Wochenende in Grado bei Spaziergängen am Strand die Sonne genossen und die Sturmschäden bestaunten, standen am Abend mit knurrendem Magen vor den verriegelten Türen der Restaurants. Denn von den etwa achtzig Trattorien und Pizzerien des Ortes waren nur noch fünf geöffnet, so wenige wie noch nie.

Gastronomie ist ein harter Job, keine Frage. (Der Autor ist Sohn eines Kochs.) Und jedem Betrieb sei eine Pause vom Sommergeschäft gegönnt. Aber wenn eine Insel vom Tourismus lebt, dann muss sie eben auch Lösungen finden für jene Wochenenden, an denen Tausende Gäste durch die Altstadt oder über die Uferpromenade flanieren und keine warme Mahlzeit finden. Grado ist doch so stolz, keine reine Sommerdestination zu sein, sondern auch außerhalb der Feriensaison viel zu bieten.

Natürlich, es gibt tausenderlei Gründe für eine längere Pause im Spätherbst: Personalmangel, arg gestiegene Nebenkosten, bürokratische Auflagen. Aber all das interessiert die Touristen herzlich wenig. Viele Restaurants sind Familienbetriebe: Warum öffnen sie nicht einfach für ein paar Tage mit kleiner Karte (drei, vier Pastagerichte)? Oder wechseln sich effektiver ab?

Denn wenn es so weitergeht, kommt der Teufelskreis richtig in Schwung: Je weniger Restaurants offen sind, desto weniger lohnt es sich für Hotels, außerhalb der Sommermonate aufzusperren. Und je weniger Hotels offen sind, desto weniger Gäste kommen in die Restaurants.

Immerhin: Alle Supermärkte und fast alle Lebensmittelgeschäfte sind geöffnet, und die Fischer fahren auch noch raus. Dann muss im Ferienapartment eben selbst gekocht und gebraten werden.

Apropos verschlossene Türen: Die Insel ist seit Jahrzehnten eine der fleißigsten Blutspender-Kommunen Italiens, und gerade wurden die Organisatoren der donatori del sangue von der Region geehrt. In diesem Jahr haben bereits 476 Personen Blut gespendet – eine beachtliche Quote bei nicht einmal 8000 Einwohnern. 39 Nachwuchsspender waren in diesem Jahr zum ersten Mal dabei, die Tradition wird also aufrechterhalten. Die donatori haben sogar ihre eigene Bar in der Altstadt, an der ihr bestimmt schon oft vorbeigebummelt seid; sie ist gut erkennbar am Blutstropfen. Und: Die Bar ist derzeit sogar geöffnet. Aber leider nicht für uns Normalsterbliche, sondern nur für die tapferen donatori.

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