Jetzt ist es doch noch gekommen: Das Hochwasser hat Grado am Freitag ordentlich erwischt. Gut, dass rechtzeitig gewarnt wurde. Die meisten Autos waren umgeparkt, die Geschäfte mit Barrieren und Sandsäcken versehen. Das Wasser stieg schon um 7 Uhr morgens über die Ufer, und nicht nur die Altstadt und der Hafen, sondern sogar die Straße nach Aquileia wurde gesperrt. Der Strand war ebenfalls unter den Wellen verschwunden. Tipp für Urlauber: das Auto vorsichtshalber an höhergelegenen Stellen parken, etwa auf der Isola della Schiusa.
In den nächsten Tagen werden dann aber auch wieder hohe Temperaturen erwartet. Hochsommer und Hochwasser – an so eine Kombination kann sich keiner der alten Gradeser erinnern.
Augusto Viola heißt der Commissario, der Grado nach dem Sturz des Bürgermeisters bis zu den Neuwahlen leiten soll. Und siehe da, der Verwaltungsbeamte zeigt sich ungewöhnlich engagiert und darf einen ersten Erfolg verbuchen – Grados Schulen bleiben autonom und werden keinem anderen Sprengel vom Festland zugeordnet, was die Gradeser sehr freut. Das Inselvolk ist nämlich sehr eigen, wenn das Festland in ihren Angelegenheiten mitmischen will.
Wie jeder Urlaubsort, ob in den Bergen oder am Meer, versucht auch Grado, die Saison zu verlängern. Am Wochenende fand das berühmte Musikfestival statt, das, wie Gradeser immer wieder stolz betonen, sogar älter als das von San Remo sei, außerdem konnten sich Sportler im „Mytho-Marathon“ messen, der von Aquileia über Fiumicello nach Grado und zurück verläuft. Es ist übrigens der einzige Straßenmarathon in Friaul-Julisch Venetien. Und wer will, kann auch „nur“ 10 oder 20 Kilometer laufen, für diese Runden gibt es eine eigene Wertung.
Es scheint, als mausere sich unsere Lieblingsinsel immer mehr zum Mekka der Ausdauersportler – vom Extremhindernisrennen im Mai über den Aquatic Runner Anfang Oktober quer durch die Lagune bis hin zum Mytho-Marathon. Na, wir trinken lieber unser Glaserl in der Bar und winken den Teilnehmern aus sicherer Entfernung zu. Warum all diese Menschen den Adrenalinkick suchen? Schwer zu sagen. Kürzlich irgendwo gelesen: „Achterbahnfahren ist für Leute, die noch nie verliebt waren.“
Post aus Grado
Stefan Maiwald, aus Grado