Italien zum Genießen – das verspricht das oftmals übersehene Padua. Möglich, dass das an den Studenten liegt, die ein Viertel der Einwohner stellen. Padua hat eine der ältesten Universitäten der Welt, schon Galileo Galilei lehrte hier. Die Aperitivi gibt es an der Piazza della Frutta und an der Piazza delle Erbe, zerteilt von dem prächtigen Palazzo della Ragione. Jeder Stadtbummel führt beinahe zwangsläufig über einen dieser Plätze und es wäre geradezu eine Verschwendung von Lebensqualität, nicht auf ein Glas Wein oder einen Plausch dazubleiben. Die Aperitivo-Kultur ist wirklich einmalig, nicht einmal Venedig kann da mithalten.
Apropos: Lage, Lage, Lage – diesbezüglich hat Padua ein bisschen Pech. Die Stadt wäre wohl eines der beliebtesten Ziele Italiens, auf Augenhöhe mit Florenz, Pisa oder Siena. Doch der nahe Magnet Venedig, 20 Kilometer entfernt, zieht die Touristen unwiderstehlich an.
Nahe Venedig
Ein Fehler, denn in Padua gibt es alles im Überfluss: junges Leben und altes Geld, Forschung und Feste, unermessliche Kulturschätze selbst für italienische Maßstäbe.
Am besten spüren Reisende den Charme der 250.000-Einwohner-Stadt bei einem Spaziergang vom Univiertel über die Via Belzoni und die Via Altinate ins Zentrum, nahezu auf dem gesamten Weg unter Arkaden, an Geschäften und vielen studentischen Bars vorbei. Auch Goethe war ganz verzückt von der Stadt und ließ sich im Botanischen Garten, einem der ältesten der Welt, zu seinen naturgeschichtlichen Betrachtungen inspirieren. Die berühmte Goethe-Palme, die schon bei seinem Besuch mehr als 200 Jahre gewesen sein muss, ist inzwischen von einem Gewächshaus umbaut.
Eine Gedenktafel erinnert an den Besuch des Poeten, der – Vornamen werden hier konsequent italianisiert – „Giovanni Wolfango Goethe“ heißt. Und wie in vielen italienischen Städten sind auch in Padua alle Sehenswürdigkeiten gut fußläufig zu erreichen, und vom Orto Botanico sind schon die Kuppeln des Antoniusdoms zu sehen, in dem die Überreste des Heiligen Antonius bestattet sind. Rund um den Dom bieten Händler Kerzen, Rosenkränze und fromme Figuren an. Kultureller Höhepunkt der Stadt ist die Cappella degli Scrovegni. Die kleine Kapelle, die heute etwas verloren an einer viel befahrenen Straße steht, schmückte der große Maler Giotto mit 38 Szenen vor allem aus dem Leben Marias, Josephs und Jesu aus. Das Licht fällt so raffiniert in den Innenraum, dass vermutet werden darf, Giotto habe auch bei den Bauplänen der Kapelle ein Wort mitgeredet. Wie als Draufgabe gibt es auch noch Marmorstatuen von Giovanni Pisano, der ähnlich maßgeblich für die Bildhauerei war wie Giotto für die Malerei. Mehr Kunstgeschichte auf weniger Quadratmetern (es sind gerade einmal 160) ist wohl nirgends zu bekommen.
Stefan Maiwald