Das war knapp! Wie erst jetzt bekannt wurde, hätte ein falsch gesteckter Kopfhöreranschluss eines Fluglotsen beinahe zur Kollision zweier Passagiermaschinen geführt und Hunderte Menschen in den Tod gerissen. Zu dem Vorfall kam es am 18. Oktober vergangenen Jahres am venezianischen Flughafen Tessera "Marco Polo". Das geht aus dem Jahresbericht der "Agenzia Nazionale per la Sicurezza del Volo" (ANSV) hervor, der Verkehrsbehörde für die Untersuchung von Unfällen und Störungen der italienischen Zivilluftfahrt.
Fehlender Funkkontakt
Involviert waren eine Boeing 737 der Ryanair mit 174 Passagieren an Bord auf dem Weg nach London und ein ankommender Iberia-Airbus 321 aus Madrid mit 203 Passagieren. Ursache für das Beinahe-Desaster: Fehlender Funkkontakt zwischen Tower und Flugzeugen.
Um 11.10 Uhr befand sich die Iberia 20 Kilometer entfernt mit 200 km/h im Landeanflug auf Piste 4. Gleichzeitig stand die Ryanair-Maschine zum Abflug bereit, ebenfalls auf dieser Piste. Im Tower erfolgte zum gleichen Zeitpunkt ein Schichtwechsel und der Fluglotse, der seinen Dienst antrat, stöpselte den Stecker seines Kopfhörers in die falsche Anschlussbuchse – nämlich in die Telefonleitung. Dann autorisierte er die Ryanair zum Start, wurde aber klarerweise nicht gehört. Die Iberia war neun Kilometer entfernt. Es herrschte dichter Nebel, die Sichtweite betrug keine 500 Meter.
"Durchstarten!"
Nach zwei Minuten bemerkte der Lotse, dass die Ryanair immer noch am Flugfeld stand und die Kommunikation nicht funktionierte. Im gleichen Moment setzten die Piloten, die ja wussten, dass die Iberia im Landeanflug war, einen Funkspruch an den Tower ab, fuhren die Motoren der Maschine hoch, um die Piste schnellstmöglich zu verlassen und versuchten über die Notfrequenz die Iberia zu erreichen: "Go around! Durchstarten!" Keine Antwort. Da bekam der Tower die Situation unter Kontrolle und ordnete der Iberia seinerseits Durchstarten an. Um 11.15 Uhr konnte alle aufatmen: Auf 1500 Metern gewann die Iberia wieder an Höhe, die Ryanair startete gefahrlos und die spanische Maschine landete.
Viele Fehler passiert
Ursache für das Schlamassel war laut Verkehrsbehörde ANSV eine Reihe von Fehlern: erstens: ein Schichtwechsel der Fluglotsen zu einem kritischen Zeitpunkt. Zweitens: Die falsch gesteckte Verbindung des Fluglotsen und dies nicht sofort erkannt und nicht reagiert zu haben, als der "Readback" – die Bestätigung der Ryanair-Piloten – ausblieb. Und zudem die schlechte Sicht, die es den Piloten der Iberia nicht ermöglichte, die Ryanair am Boden zu erkennen.
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Lisa Kassin