"Ich bin durch die Hölle gegangen und habe den Himmel gefunden", sagt Regina Allmann. Zwischen Hölle und Himmel lag aber ein langer und schmerzhafter Weg. "Meine erstgeborene Tochter starb im Alter von dreieinhalb Jahren an Krebs", erzählt die Kärntnerin. Jahrzehnte später – mit Mitte 40 – erhielt sie selbst die Diagnose Leukämie. Für sie, ihre drei Kinder und ihren Mann, war plötzlich nichts mehr wie es war. "Ich erhielt Chemotherapien und Bestrahlungen. Einmal hatte ich sogar eine Hirnblutung und kam auf die Intensivstation", schildert die Frau. Zwei Jahre lang verbrachte sie phasenweise mehr Zeit in Krankenhäusern als bei ihrer Familie daheim in Seeboden. "Ich fiel in eine starke Depression und war total mutlos." Als ihr die Ärzte sagten, sie würden einen Stammzellenspender für sie suchen, habe sie gedacht: "Sucht nur, ihr findet eh keinen."
Gesucht und gefunden
Doch da irrte sie sich. Denn Allmanns genetischer Zwilling wurde relativ rasch eruiert. Was für ein Zufall und was für ein Glück! "Die Chance, passende Stammzellen außerhalb der Familie zu finden, liegt im besten Fall bei 1:500.000", sagt Andreas Wassner, Sprecher des Vereins "Geben für Leben". Die Organisation ruft immer wieder zu Stammzellentypisierungs-Aktionen auf (siehe unten), um lebensrettende Stammzellen für schwer kranke Menschen zu finden. Mit einem Wangenabstrich können sich Freiwillige typisieren lassen, die Ergebnisse werden in einer internationalen Datenbank gespeichert.
Zweiter Geburtstag
Über diese Datenbank wurde auch der Retter von Regina Allmann gefunden. "Sein Blut mit den rettenden Stammzellen wurde mit einem Hubschrauber nach Wien gebracht. Am 26. Juni 2014 fand meine Stammzellentransplantation statt. Das ist mein zweiter Geburtstag", meint die dreifache Mutter. Vier Monate war sie im AKH in Wien. "Ich bekam noch einen schweren Infekt, es war ein ewiges Auf und Ab." Aber sie hat gekämpft. Nach und nach ging es bergauf. "Mein Körper hat die Stammzellen gut angenommen. Mittlerweile bin ich seit neun Jahren gesund." Sie lebe heute ein anderes Leben, als vor der Erkrankung, sagt Allmann. "Ich bin jetzt kompromissloser, nehme alles leichter und bin einfach nur dankbar für mein Leben. Ihren Job als Lehrerin hat sie aufgegeben. Stattdessen arbeitet sie als freie Autorin und Diplom-Kinesiologin. In ihrem Buch "Ich bin, der ich bin – Mein Weg zur Quelle" arbeitet sie ihre Krebserkrankung auf.
Zu dieser Aufarbeitung gehörte wohl auch die Begegnung mit ihrem Stammzellenspender. Von Anfang an war mir klar, dass ich ihn einmal kennenlernen will." Wenn Spender und Empfänger das wollen, ist ein Treffen nach einer bestimmten Zeit möglich. Regina Allmann und ihr Lebensretter begannen sich irgendwann zu schreiben. "Mein Lebensretter heißt David, ist verheiratet, hat Kinder und lebt in Berlin. Er ist mein genetischer Zwilling, mein Bruder. Es war gleich eine gewisse Verbundenheit da", sagt Allmann. "Den ersten Brief, den ich David geschrieben habe, erhielt er genau an seinem Geburtstag. Dabei wusste ich ja nicht einmal, wann er Geburtstag hat."
Vor zwei Jahren lernte Regina Allmann ihren Lebensretter dann persönlich kennen. Der Verein "Geben für Leben" organisierte – im Rahmen der ORF Aktion A-Team für Österreich – ein Überraschungstreffen. David flog nach Kärnten und stand plötzlich vor Regina Allmann. "Das war eine wunderschöne Begegnung, die ich nie vergessen werden." Die 46-Jährige und ihr Lebensretter sind seit dem immer in Kontakt geblieben. "Irgendwann kommen David und seine Familie vielleicht zu mir und meiner Familie nach Kärnten auf Urlaub. Die Einladung steht." Und die Wertschätzung und die Verbundenheit bleibt für immer.
Der Verein "Geben für Leben" führt ständig Stammzellentypisierungs-Aktionen durch.