394 Nutztiere wurden nach Angaben der Länder heuer bisher Opfer von Wölfen, 791 waren es laut offizieller Nutztierriss-Statistik im Vorjahr.

Betroffen waren vor allem Schafe und Ziegen. Letztere sind dabei die Minderheit, da sie seltener gehalten werden. Rinder und sogenanntes "Gatterwild" kommen nur vereinzelt vor. Mit der heurigen "Opfer-Bilanz" wird man wohl auch besser abschneiden als im Jahr 2021 - damals hatte man nach Angaben des Österreichzentrums "Bär, Wolf, Luchs" 506 von Wölfen getötete Nutztiere gezählt (498 Schafe und Ziegen, fünf Rinder und drei Gatterwild).

Deutlich weniger Risse in Kärnten und Tirol

Signifikant fielen die Rückgänge bisher - die Almsaison ist ja de facto vorüber - in den überproportional betroffenen Bundesländern Tirol und Kärnten aus. In Tirol waren im Jahr 2022 eakt 413 Nutztiere von Wolf, Bär oder Goldschakal getötet worden. Heuer waren es bisher 183. 144 Nutztiere wurden mit Stand Mitte September von Wölfen gerissen - im Jahr 2022 waren es 355. Die positivere Bilanz habe auch mit der Abschussverordnung-Regelung der Tiroler Landesregierung zu tun, hatte Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler (ÖVP) kürzlich gemeint. Denn durch diese sei der "Jagddruck klar erhöht worden." Bisher wurden in Tirol drei Wölfe gemäß der neuen Verordnung abgeschossen, einer wurde überfahren.

Drei erschossen, einer überfahren

Ähnlich wie Geisler argumentierte der zuständige Kärntner Landeshauptmannstellvertreter Martin Gruber (ÖVP). Nicht nur die bisher sechs Abschüsse im Bundesland, sondern auch über 170 "Vergrämungen" hätten dazu beigetragen, Problemwölfe von den Nutztieren fernzuhalten. In Kärnten wurden in dieser Almsaison laut aktuellem Stand 119 Nutztiere von Wölfen gerissen. Dies bedeute einen deutlichen Rückgang im Vergleich zum Jahr 2022, als noch 399 Risse durch Wölfe verzeichnet worden waren. Gleichzeitig sei das Wolfsgeschehen aber "dynamisch" geblieben, hieß es seitens des Landes. 24 Wolfsindividuen wurden 2023 in Kärnten nachgewiesen, nur um vier weniger als im Jahr zuvor.

Herdenschutz politisch nicht favorisiert

Herdenschutz als Alternative zu Abschüssen, wie vor allem von Umwelt- und Tierschutzorganisationen eingefordert, wollen die beiden am stärksten betroffenen Länder - wie auch die übrigen - politisch nach wie vor nicht. Flächendeckend sei dies nicht zu bewerkstelligen,  Gruber meinte etwa zuletzt zum Herdenschutz: "Im Endeffekt ist es hinausgeschmissenes Geld, um nichts zu erreichen." In Tirol zog man zwar zuletzt eine vorerst positive Bilanz über drei Pilotalmprojekte in Sachen Herdenschutz, betonte aber gleichzeitig auch, dass dies keine flächendeckende Lösung sein könne.

Abseits von Tirol und Kärnten gab es unterdessen in den fünf weiteren vom Wolf heimgesuchten Bundesländern Zunahmen an Nutztierrissen, wenngleich auf wesentlich geringerem Niveau. In Vorarlberg wurden 2023 mit Stand Ende August bei neun Rissereignissen insgesamt 19 Tiere durch einen Wolf getötet. Im Jahr davor waren es acht Tiere, 2021 keines, 2020 zehn. Die Vorarlberger Politik hat im heurigen Sommer die Geduld verloren und will "Problemwölfe" schießen können. Ein Mitte August 2023 erlassener Entnahmebescheid für einen Wolf im hinteren Klostertal und Silbertal (Bez. Bludenz) ist vom Landesverwaltungsgericht nach Beschwerden der Umweltorganisationen WWF und Ökobüro aufgehoben worden. Im November wird der Landtag Gesetzesänderungen beschließen, die dann eine Entnahme von Wölfen ermöglichen sollen.

Bär

Nach Angaben des Landes Salzburg (Stand 21. September) wiederum wurden heuer 45 Schafe und Ziegen gerissen, vier weitere verletzt und 30 Tiere werden vermisst. Im Jahr 2022 hatte man laut dem Österreichzentrum "Bär, Wolf, Luchs" noch 13 gerissene Nutztiere gezählt. Indes blieb man aber heuer weit unter der Negativbilanz des Jahres 2021. Damals waren 81 Tiere gerissen worden, 13 verletzt und 34 vermisst. Nur zwei Wochen nach Angelobung der schwarz-blauen Landesregierung wurde heuer Ende Juni der Abschuss von "Problemwölfen" in Salzburg genehmigt, eine gute Woche später der erste von ihnen im Gebiet Hochkönig/Steinernes Meer erlegt.

In Oberösterreich wurden laut dem Österreichzentrum heuer bereits 23 Schafe bzw. Ziegen von Wölfen getötet und zwei verletzt. 13 der 23 Risse wurden durch DNA bestätigt, zehn durch das Rissbild. Zudem gibt es laut Land einige ungeklärte Fälle. Die Zahl der Risse habe sich in den vergangenen Jahren vervielfacht, betont die zuständige Landesrätin Michaela Langer-Weninger (ÖVP), "das hat einen Anstieg der Entschädigungszahlungen von 838 Euro im Jahr 2017 auf aktuell 6.331 Euro zur Folge gehabt." Das Land hat bisher zwei Wölfe zum Abschuss freigegeben - einen im Mühlviertel und einen am Dachstein-Plateau. Mittlerweile ist die vierwöchige Abschusserlaubnis für beide ausgelaufen, im Mühlviertel ist eine neuerliche Erteilung aber wahrscheinlich.

Anstieg in der Steiermark

In der Steiermark ist die Zahl der Wildtierrisse von 2022 auf 2023 deutlich angestiegen: Im Vorjahr wurden in der Steiermark laut offizieller Statistik des Zentrums für Bär, Wolf und Luchs zwei getötete Schafe gezählt. Sie wurden nachweislich von einem Wolf attackiert. 2023 waren es bis Ende August bereits 18 getötete Schafe sowie ein getötetes Jungrind. Elf Tiere wurden verletzt - alles geht laut der Statistik auf Wölfe zurück. Eine neue Verordnung für leichtere Wolfsentnahmen ist derzeit in Begutachtung. Mehrere Stellungnahmen wurden bereits abgegeben, aber die Frist läuft noch.

Auch in Niederösterreich erhöhten sich die Risse von Nutztieren im Vergleich zum Vorjahr. 2022 wurden 15 Fälle verzeichnet, 2023 waren es bisher 25. Betroffen waren nach Angaben des Landes 24 Schafe und eine Ziege. Seit April ist im Bundesland eine neue Wolfsverordnung in Kraft. Eine vorherige behördliche Anordnung für Vergrämungen oder Abschüsse wird nicht mehr benötigt.

Für Landeshauptmann-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) ist die neue Wolfsverordnung einer von vier Punkten für den besseren Schutz von Menschen und Landwirtschaft. Weiters gebe es erhöhte Förderungen für Herdenschutzmaßnahmen und Entschädigungen für Risse. Gefordert sei die EU: "Wölfe sind längst nicht mehr vom Aussterben bedroht, daher muss der Schutzstatus geändert werden." Eine Forderung, die von den politisch Verantwortlichen in den Ländern seit Monaten allenthalben erhoben wird.