Sabine Matejka legt ihre Funktion als Präsidentin der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter (RIV) nach sechs Jahren zurück. Ab 1. September folgt ihr in der RIV der bisherige Vizepräsident Gernot Kanduth nach.
Grund für den Rücktritt der 49-Jährigen sind Koalitionsquerelen wegen der nach wie vor nicht entschiedenen Besetzung der Spitze des Bundesverwaltungsgerichts, für die sie nach einem Auswahlverfahren als bestgereihte Kandidatin aufschien. In der internationalen Standesvertretung bleibt Matejka als Vizepräsidentin der Europäischen und der Internationalen Richtervereinigung aktiv.
Politische Machterhaltungsbestrebungen
Der 52-jährige Gernot Kanduth ist seit 2014 Vizepräsident der Richtervereinigung. Auch er übt Kritik an der verschleppten Bestellung: "Die Vereinigung setzt sich seit mehr als 115 Jahren für die Unabhängigkeit der Rechtsprechung und das Funktionieren des Rechtsstaates ein." Auf die nachhaltige Stärkung dieser "unverzichtbaren Grundprinzipien in einer liberalen Demokratie" werde man auch weiter das Hauptaugenmerk legen. "Politische Machterhaltungsbestrebungen dürfen nicht zulasten rechtsstaatlicher Grundwerte gehen. Ein couragiertes Auftreten gegen derartige Tendenzen muss der Anspruch an die richterliche Standesvertretung bleiben", so Kanduth.
Juristischer Werdegang
Gernot Kanduth wurde 1970 in Klagenfurt geboren, ging im heutigen Europagymnasium zur Schule und studierte in Wien. Nach dem Doktoratsstudium absolvierte er seine Ausbildung am Oberlandesgericht Graz mit Schwerpunkt Kärnten. 2002 wurde er an das Bezirksgericht in Klagenfurt bestellt und ab 2007 wechselte er an das Landesgericht Klagenfurt.
Hier rückte Kanduth als Untersuchungsrichter mit der Einvernahme des damaligen Landeshauptmannes Jörg Haider (BZÖ) schnell ins mediale Rampenlicht. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt hatte 2007 Vorerhebungen gegen Haider und seinen Vize, Verkehrsreferent und späteren Landeshauptmann Gerhard Dörfler (BZÖ) eingeleitet. Im Raum stand der Verdacht des Amtsmissbrauchs im Zusammenhang mit dem Ortstafelstreit. "Das zog damals natürlich große Kreise. Auch internationale Medien berichteten darüber. Für mich ist es aber kein besonderer Fall gewesen. Jeder ist mir gleich wichtig. Einer dauert länger und einer eben weniger lang.", sagt Kanduth.
Zunächst war Kanduth in Klagenfurt im Strafrecht tätig, dann wechselte er ins Zivilrecht. Im April 2022 ging Kanduth ans Oberlandesgericht Graz als Richter an einem zivilen Rechtsmittelsenat.
Richtervereinigung
Seit 2003 war Kanduth stellvertretender Vorsitzender der Standesvertretung in Kärnten und ab 2004 deren Vorstand. Von 2006 bis 2021 war er Obmann der Sektion Kärnten in der österreichischen Richtervereinigung. 2013 trat er ins Präsidium ein, seit 2014 war er Vizepräsident. "Nun als Präsident wird es mir ein Anliegen sein, die Wichtigkeit, die eine unabhängige Gerichtsbarkeit für eine funktionierende Demokratie hat, ins Bewusstsein der Menschen zur rücken", sagt Kanduth.
Gernot Kanduth ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt trotz beruflichen Wechsels an das Oberlandesgericht Graz weiterhin in Klagenfurt: "In Zeiten digitaler Akten ist der Arbeitsort nicht mehr so wichtig. Aber natürlich bin ich auch sehr viel unterwegs zwischen Klagenfurt, Graz und Wien", so Kanduth. Ausgleich sucht der Jurist im Sport, "von Laufen bis Eishockey, da ist alles dabei".