Österreichs Seeufer haben über die Jahrzehnte eine bemerkenswerte Wandlung durchgemacht: von sauren Wiesen, die für die Landwirtschaft fast wertlos waren, zu Luxusbauland mit Preisen bis zu 10.000 Euro pro Quadratmeter. So teuer diese Grundstücke sind, die Seefläche davor gehört laut österreichischem Wasserrechtsgesetz uns allen – kostenlos. Was aber kaum jemand weiß: Auch die Uferflächen, die frei werden, wenn im Sommer der Wasserstand sinkt, gehören laut diesem Gesetz der Allgemeinheit. Schwimmerinnen und Schwimmer, Wassersportlerinnen und Wassersportler können sich fast nach Belieben auf ihnen ausbreiten. Und das wohl selbst vor privaten Luxusimmobilien. Das zeigt jedenfalls das ORF-Wirtschaftsmagazin "Eco" in einem "Spezial" am Donnerstagabend um 22.30 Uhr auf ORF 2.

Wie die Kleine Zeitung vor wenigen Tagen berichtete, wurden in den letzten sieben Jahren in Kärnten 25 neue Seezugänge geschaffen, doch abgesehen von diesen Freiflächen sieht man Schilder wie "Betreten verboten", "Privatgrund" oder "Baden verboten". Dies sei so allerdings nicht ganz richtig. Denn es gelte im Uferbereich öffentlicher Gewässer der große Gemeingebrauch. Doch wo hört diese öffentliche Fläche auf und wo fängt der Privatgrund an? Laut Wasserrechtsgesetz geht es um den regelmäßig wiederkehrenden ordentlichen Wasserstand, für alle Flächen, die im Sommer aufgrund des sinkenden Wasserstands frei werden, gilt eben der Gemeingebrauch.

Nun kann man diese Uferbereiche natürlich nicht auf dem Landweg erreichen, da man so tatsächlich einen Privatgrund betreten müsste, aber wie sieht es auf dem Wasserweg, etwa mit einem Stand-up-Paddle (SUP) aus? "Rechtlich würde ich dem informierten Stand-up-Paddler gute Chancen einräumen, wenn er am richtigen Ufer an Land geht und dort eine Nutzungshandlung setzt, die vom Gemeingebrauch gedeckt ist", sagt Rechtsanwalt Wolfram Proksch. "Also wenn man dort ein Badehandtuch ausbreitet und sich sonnt, ist das sicherlich davon gedeckt."

Auch Gernot Strasser, Leiter der Abteilung Immobilien-Tourismus-Wasser der Österreichischen Bundesforsten, die von Seegrundstückseigentümern ja eine Pacht einfordern, bestätigt dies: "Der Uferbereich, der regelmäßig von Wasser überspült wird, kann im Rahmen des Gemeingebrauchs betreten werden. Man erkennt ihn daran, dass es dort fast keine oder keine Vegetation gibt." Die Pächter wissen, so Strasser, dass das Ufer in dieser Zone betreten werden darf.