In der Nacht auf Sonntag blieb die Situation für die Einsatzkräfte in den vom Dauerregen betroffenen Kärntner Gemeinden angespannt. Feuerwehren stehen weiterhin im Dauereinsatz. In der Nacht auf Sonntag waren erneut Muren abgegangen. Neben dem Auspumpen von Kellern und der Beseitigung von Behinderungen auf Straßen galt am Sonntag das Hauptaugenmerk vor allem darauf, die betroffenen Gebiete vor Hochwasser zu schützen. 

Hilfe für Betroffene

"Kärntner in Not", die Hilfsaktion der Kleinen Zeitung, unterstützt Betroffene von Unwetter und Hochwasser. 100.000 Euro kommen aus dem Katastrophenfonds, um Spenden wird gebeten.

3280 Feuerwehreinsätze gezählt

Wie die Feuerwehr Sonntagabend informierte, wurden bis 19 Uhr 3280 Einsätze registriert, 276 Feuerwehren standen im Einsatz. 60 waren zu jenem Zeitpunkt noch im Gang.

Globasnitz: Zwölf Häuser evakuiert

Weil für den Nachmittag ein Gewitter angekündigt war, wurden in der Gemeinde Globasnitz die zwölf Häuser der Zone 1 evakuiert. Bürgermeister Bernard Sadovnik dankt den Bürgerinnen und Bürgern, dass die Evakuierung reibungslos vonstatten gegangen ist. Das Gewitter hat sich zum Glück nicht über dem Gemeindegebiet entladen.

Zivilschutzalarm aufgehoben

Die Marktgemeinde St. Paul im Lavanttal teilt mit, dass der Zivilschutzalarm aufgehoben worden ist. "Die Pegelstände der Lavant und des Granitzbaches sind weiterhin stabil, das Rückhaltebecken Granitztal hat sich nahezu entleert. Die Zuflüsse der Lavant entspannen sich ebenso und der Lahnbach wird weiter von der Feuerwehr beobachtet. Die Hochwasserschutzmaßnahmen werden von den Wehren aktuell zurückgebaut und mit den Aufräumarbeiten wurde begonnen", heißt es auf einer Mitteilung auf der Facebook-Seite der Marktgemeinde. Die Zivilschutzwarnung für St. Georgen im Lavanttal wurde ebenso aufgehoben.

Hagel-Unwetter in Friaul

Auch in der Kärntner Nachbarregion sind die Einsatzkräfte in Alarmbereitschaft - und mussten nun wieder ausrücken. Gegen 17 Uhr ging nördlich von Udine ein schweres Gewitter mit Hagel nieder. Betroffen war vor allem die Gemeinde Reana del Rojale. Der Hagel sorgte dort für „Schneefahrbahnen“ wie im Winter. Erst vor wenigen Tagen haben Unwetter in Oberitalien schweren Schaden angerichtet. Bis zu 19 Zentimeter große Hagelkörner - Meteorologen sprechen von „Hagelsteinen“ – zertrümmerten  Autos.

Globasnitz: Fläche von sechs Hektar abgerutscht

Fotografiert aus dem Polizeihubschrauber, wird das Ausmaß dieses Elementarereignisses deutlich: In der Südkärntner Gemeinde Globasnitz/Globasnica hat sich Sonntag zeitig in der Früh auf dem Simonberg ein gewaltiger Hangrutsch ereignet. "Wir waren durchgehend im Einsatz. Die Feuerwehr hat gesehen, dass das Wasser eine Braune Färbung angenommen hat", sagt Bürgermeister Bernard Sadovnik. Es dauerte nicht lang, und die Rutschung setzte ein. Sechs Hektar Fläche mit rund 2500 Festmeter Holz haben sich in Bewegung gesetzt. Die Simonkirche auf dem Berg blieb von der Rutschung verschont.

Sollte es zu regnen beginnen, besteht die Gefahr, dass sich eine Schlammlawine weiter in Richtung Feuersberg und in das Zentrum von Globasnitz bewegt. "Wir haben zwei Evakuierungszonen eingerichtet", sagt Sadovnik. Die Zone 1 umfasst zwölf Häuser mit 35 Personen. Sollte nun Regen einsetzen, werden diese Häuser evakuiert. Ein Teil der Bewohnerinnen und Bewohner haben die Häuser bereits verlassen, unter ihnen auch betagte Personen. Die zweite Evakuierungszone umfasst 18 Häuser mit 64 Personen. Diese werden im Fall des Falles angehalten, sich in den ersten Stock zu begeben.

Menschen wurden bislang zum Glück nicht verletzt. Bei der Rutschung wurde ein 26 Tonnen-Bagger sowie ein Lkw von den Erdmassen mitgerissen.

Feuerwehr rettet Babyigel

Nicht nur Menschen, auch die Tierwelt leidet unter den Folgen des Starkregens. In St. Donat, Stadtgemeinde St. Veit, konnte ein Feuerwehrmann der örtlichen Feuerwehr mehrere Babyigel vor den Wassermassen retten.

Ausfahrten mit Boot vermeiden

Der Motor-Yacht-Club Kärnten hat sich am Sonntag mit einem Appell an Bootsführer gerichtet. Sonntagmittag sei der Pegelstand des Sees in Pörtschach bei 175 Zentimeter gelegen (55 Zentimeter über dem Mittelwert). Der See ist vielerorts über das Ufer getreten, Steganlagen und Uferbefestigungen wurden überschwemmt.

Der durch Boote hervorgerufene Wellenschlag könnte für Steganlagen und Seeinbauten eine zusätzliche Bedrohung darstellen. Bootsführer werden daher ersucht, alle nicht nötigen Ausfahrten mit dem Boot zu vermeiden bzw den Wellenschlag so gering wie möglich zu halten. Zudem sein ein Abstand von rund 300 Metern zum Ufer einzuhalten.

213 Personen in Sicherheit gebracht

Das Land Kärnten gab bekannt, dass im Bezirk Völkermarkt bislang 213 Personen aus Sicherheitsgründen ihre Häuser verlassen mussten. 60 Personen waren es in Eisenkappel, 49 Personen in Unterbergen, zwei in Griffen, 17 Personen in Diex, elf in Klein St. Veit, acht in Sittersdorf, zwei in St. Peter in Wallersberg sowie 64 in Globasnitz.

80 größere Erdrutsche

Wie das Land Kärnten Sonntagnachmittag auf seiner Webseite mitteilt, seien bislang 80 größere, geologisch begutachtete Erdrutsche dem Landeskrisenstab bekannt. Es sei davon auszugehen, dass es noch zu zahlreichen weiteren Hangrutschungen und Murenabgängen kommen wird, heißt es weiter.

Mann in Glan gestürzt: tot

Sonntagnachmittag wurde im Raum St. Michael am Zollfeld eine Suchaktion nach einem Radfahrer gestartet. Wie telefonisch angezeigt wurde, war ein Mann in die Glan gestürzt. Nach mehr als zwei Stunden konnte der 53-Jährige aus dem Bezirk St. Veit auf Höhe Karnburg geborgen werden. Er verstarb wenig später im Klinikum Klagenfurt.

Appell an Dienstgeber

Tausende Einsatzstunden haben die Kräfte der Kärntner Blauchlichtorganisationen rund um die Uhr in den vergangenen Tagen geleistet. Landeshauptmann Peter Kaiser, Katastrophenschutzreferent Landesrat Daniel Fellner (beide SPÖ) seien gemeinsam mit Rot Kreuz-Präsident Martin Pirz und Landesfeuerwehrkommandant Rudolf Robin bemüht, die besten Rahmenbedingungen für den selbstlosen Einsatz der Freiwilligen zu schaffen. Wenn am Montag die neue Arbeitswoche beginnt, werden viele Freiwillige ihren Dienst in den Einsatzorganisationen nicht mehr antreten können.

An die Arbeitgeber ergeht daher ein Appell, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die auch in den kommenden Stunden dringend in den betroffenen Gebieten benötigt werden, ihren Dienst in den Einsatzorganisationen zu ermöglichen. Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, die bei einer Dienstverhinderung wegen Teilnahme an einem Großschadensereignis- und Bergrettungseinsatz Entgelt fortzahlen, gebührt nach den jeweiligen Landesgesetzen eine Abgeltung durch das Land.

Zivilschutzalarm-Warnung in Lavamünd

In der Gemeinde Lavamünd wurde am Sonntag für die Gebiete Weißenberg, Lamprechtsberg, Magdalensberg, Lorenzenberg und Rabensteingreuth eine Zivilschutzalarm-Warnung ausgegeben. "Bitte verlassen Sie die Häuser nur in den notwendigsten Fällen, folgen Sie den Anweisungen der Einsatzkräfte. Schalten Sie das Radio ein und warten Sie auf weitere Informationen."

"Gott sei Dank niemandem etwas passiert"

Der Völkermarkter Bürgermeister Markus Lakounigg hat die Unglücksstelle in der Ortschaft Unterbergen heute besichtigt. Die Menschen wurden rechtzeitig in Sicherheit gebracht, niemand wurde verletzt. "Aus dem Hang schießt Wasser, wo normal kein Wasser sein sollte. Das hat eine unglaubliche Kraft. Ein Auto wurde komplett auf den Kopf gestellt", erzählt Lakounigg. Gegen 20 Uhr gab es am Samstagabend die erste Alarmierung, über Nacht hat es weitere Hangrutsche gegeben.

Die Mure hat mehrere Häuser beschädigt
Die Mure hat mehrere Häuser beschädigt © Privat

Wäsche und Geschirr nicht waschen

In Klagenfurt wird die Bevölkerung gebeten, das punktuell noch überlastete Kanalnetz nicht unnötig zu belasten. Zumindest innerhalb der nächsten 24 Stunden soll auf unnötigen Abwasserverbrauch verzichtet werden. Das heißt: Waschmaschinen und Geschirrspüler nicht benutzen, das Wasser nicht mittels eigener Pumpen in das öffentliche Kanalsystem einleiten und Übermengen in Pools erst am Montag wieder ablassen.

Bilanz nach Krisenstab

Wie das Land mitteilt, hat es in Kärnten seit Beginn des Starkregens am Freitag 2650 Einsätze der Feuerwehren gegeben. 270 Freiwillige Feuerwehren waren im Einsatz. Insgesamt beteiligten sich 3300 Frauen und Männer an den Arbeiten. Verstärkung gibt es aus Niederösterreich. Kärnten wird mit Einsatzkräften und Pumpen versorgt.

"Das größte Problem ist aktuell die geologische Situation. Zum Teil können die Aufräumarbeiten noch nicht gestartet werden, weil das Material noch zu nass ist und Wasser aus den Hängen schießt", berichtet Gerd Kurath, Chef des Landespressedienstes. Fünf Geologen sind zur Unterstützung in den betroffenen Bezirken im Einsatz.

Aus Niederösterreich wurde Material geliefert
Aus Niederösterreich wurde Material geliefert © Bachhiesl

Weitere Evakuierungen

Laut Rotem Kreuz kam es Samstagabend noch zu einer Evakuierung nach einem Murenabgang im Bereich Unterbergen bei Völkermarkt. 49 Personen waren betroffen. Verletzt wurde niemand. Rettungsdienst und Krisenintervention haben die Evakuierten betreut. Die Personen sind entweder privat oder in Unterkünften, die von der Gemeinde organisiert wurde, untergekommen.

49 Personen mussten von Rettungsdienst und Krisenintervention betreut werden
49 Personen mussten von Rettungsdienst und Krisenintervention betreut werden © Rotes Kreuz

Zugstrecke gesperrt

Eine gefährliche Situation hat sich entlang der Südbahnstrecke ergeben. Unter den Gleisen hat sich laut Feuerwehr in der Ortschaft Gasteige in der Gemeinde Micheldorf (Bezirk St. Veit) ein Hang in Bewegung gesetzt. Von den Bundesbahnen wurde eine Sperre des Zugverkehrs veranlasst.

Pegelstände weiter hoch

Trotz leichter Entspannung führen Lavant, Glan und Gurk sowie unzählige Bäche weiter Hochwasser. Beispielsweise ist der Radweg von St. Veit nach Liebenfels (siehe Video) immer noch gesperrt. Im Glantal und am Zollfeld stehen unzählige landwirtschaftliche Flächen und Wiesen teilweise bis zu 40 Zentimeter unter Wasser. Binnen Stunden haben sich riesige Seen gebildet.

Der Höchststand der Gewässer sollte laut Experten allerdings erreicht sein. Die entscheidende Frage ist, wie viele Niederschläge im Laufe des Nachmittags (bis Mittag sollte es trocken bleiben) hinzukommen.

Krisenstab tagt erneut

Eine detaillierte Analyse zu den Ereignissen und einen Ausblick auf die kommenden Stunden wird es ab 9 Uhr geben. In der Landesalarm- und Warnzentrale tagt erneut der Krisenstab. Es ist das fünfte Mal, dass Politik und Experten aus allen Bereichen sich austauschen. In den betroffenen Bezirken wird es ebenfalls zu Abstimmungen kommen.

Stadt Klagenfurt atmet auf

An Tag drei nach Unwettern und Starkregen meldet die Stadt Klagenfurt erstmals eine leichte Entspannung der Situation. Die geringeren Niederschläge haben sich entlastend auf die allgemeine Hochwasserlage ausgewirkt. Beim Treimischer Teich, der größten Gefahrenstelle in Klagenfurt, ist der Pegelstand gesunken, sodass dort diese Gefahrensituation für Viktring deutlich reduziert werden konnte. Die Zivilschutzwarnung bleibt für den Stadtteil allerdings aufrecht.

Die Bevölkerung wird gebeten, nicht in Eigenregie das eingetretene Wasser mittels privater Pumpen in das öffentliche Kanalsystem zu pumpen. "Zwar lässt sich aktuell eine leichte Entspannung der Situation wahrnehmen, dennoch ist die Gefahr noch nicht gebannt. Auch ist die Wettersituation nach wie vor ungewiss. Wir bitten die Bevölkerung daher weiterhin um erhöhte Vorsicht und auch um Geduld", so Branddirektor-Stellvertreter Wolfgang Germ, Leiter des Krisenstabes der Berufsfeuerwehr.

Caritas öffnet den Katastrophenfonds

Wie die Caritas Kärnten am Sonntag mitteilt, sollen 100.000 Euro an besonders von den Unwettern betroffene Familien gehen. Das Geld kommt aus dem Katastrophenfonds. Damit soll schnell und unbürokratisch geholfen werden. "Wir sind eine Hilfsorganisation der 'zweiten Stunde', wenn die Lage vor Ort und die Schadensausmaße klarer sind. Dennoch ist es wichtig, dass betroffene Gemeinden schon jetzt wissen, dass sie sich an uns wenden können, sollte es Familien besonders schwer getroffen haben", sagt Caritas-Direktor Ernst Sandriesser.

Arbeiten beim Rückhaltebecken Granitztal

Betroffene aus der Unwetterregion erzählen

Bürgermeisterin von Bad Eisenkappel zur aktuellen Lage

Adriatief zieht ab

Am Samstagvormittag traf der Landeskrisenstab wieder zusammen. Die bestehenden Zivilschutzwarnungen und -alarme (siehe unten) bleiben vorerst aufrecht. Die Niederschlagsmengen lagen in der vergangenen Nacht im unteren bzw. erwarteten Bereich, teilte die Geosphere Austria (vormals Zamg) mit. Dennoch sei von einer "absoluten Ausnahmesituation" zu sprechen.

Das Adriatief zieht nun über Ungarn nach Norden ab. Bis Samstagmittag seien noch größere Regenmengen zu erwarten. Danach soll es zur Beruhigung kommen. In den kommenden Tagen baut sich über Mitteleuropa eine West- bis Nordwestströmung auf. Dadurch sind in Kärnten dann keine weiteren Regenfälle mehr zu erwarten. Laut Hydrographischen Dienst des Landes Kärnten hat sich die Hochwassergefahr in den Bereich Klagenfurt verlagert. Sämtliche Evakuierungen im Bezirk Völkermarkt bleiben aufrecht.