In der Ferne glitzert das blaue Wasser des Ossiacher Sees und ein schmaler Weg führt den Badegast ans Ufer. Dort stehen ein Bankerl, ein Mistkübel, ein Rettungsreifen und eine Tafel mit der Aufschrift "Freier Seezugang." Leicht war dieser nicht zu finden und die Fläche ist vielleicht 20 Quadratmeter groß. Keine Liegefläche. Keine Sanitäranlage. Keine Umkleide. Aber eine Bademöglichkeit.
Die Reichen und Schönen wollen an den Kärntner Seen unter sich sein. Mit Bäumen, Sträuchern, Zäunen und Mauern abgeschirmt von der Öffentlichkeit. Jahrzehntelang wurden in Kärnten Bausünden toleriert, seit 2016 steuert das Land entgegen: 25 freie Seezugänge haben Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und LHStv. Martin Gruber (ÖVP) geschaffen, um den freien Blick und Zugang für die nächsten Generationen zu sichern und Bürgern einen raschen Sprung ins Wasser zu gewähren. Laut einer Erhebung des Gruber-Büros wurden so beachtliche 1156 Meter Uferlänge erschlossen.
Doch inzwischen stößt man auch mit der Initiative an die Grenzen. "Es laufen Verhandlungen mit Gemeinden, aber es ist heuer noch nicht gelungen, einen neuen freien Seezugang zu eröffnen", lässt Gruber ausrichten. Die Besitzverhältnisse sind unterschiedlich: Gemeinden, Bundesforste, Private. Mit dem jeweiligen Besitzer muss eine Vereinbarung über die unentgeltliche Nutzung und mit der jeweils betroffenen Gemeinde eine Vereinbarung über die Wartung (Müllentsorgung, Rasenmähen etc.) getroffen werden. Gemeinden erhalten dafür einen einmaligen Kostenersatz. Es gibt keine Sanitäranlagen, keinen Kiosk. Die Einstiegshilfen werden mit Rettungsringen ausgestattet, für jeden Zugang muss eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden.
Abgesehen von diesen Freiflächen sieht man Schilder wie "Betreten verboten", Privatgrund", Baden verboten" oder "Hier baden nur Hotelgäste." Der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" war das Zubetonieren von Seegrund jüngst sogar eine Reportage unter dem Titel "Uferlos" wert, um den Deutschen zu erklären, welches Schindluder die Kärntner mit den Naturjuwelen getrieben haben.
82 Prozent am Wörthersee privat
Die Rechercheplattform Addendum hat im Jahr 2020 ermittelt, wie viel Uferfläche an Österreichs Seen tatsächlich verbaut ist. Die Ergebnisse zeichnen ein trauriges Bild der Kärntner Seen: Demnach sind 82 Prozent der Uferflächen des Wörther Sees privat (9 Prozent Natur, 9 Prozent öffentlich) oder 76 Prozent des Ossiacher Sees. Anders sieht es beim Millstätter Sees (43 Prozent privat) oder beim Weißensee (30 Prozent privat) aus. "Die letzten Generationen haben offenbar kluge Entscheidungen getroffen", sagt Bürgermeisterin Karoline Turnschek (ÖVP). Und die jetzige ebenfalls. "Wir überarbeiten derzeit das Entwicklungskonzept und es wird zu keinem Tabubruch in Form von neuen Widmungen zur Wohnnutzung kommen", versichert Turnschek.
Intention des Kärntner Seenvolksbegehrens war vor Jahren nicht nur ein umfassendes Verkaufsverbot, sondern auch à la longue der Rückkauf von Uferflächen. Die Motorbootabgabe wurde diesbezüglich sogar zweckgewidmet. Einen Rückkauf von Seegrund gab es bislang vonseiten des Landes noch nicht. Die Bundesforste (ÖBf), die in Kärnten zehn Seen betreuen, haben zuletzt 2020 in Kärnten ein Uferstück aus privater Hand gekauft - ein 500 Quadratmeter großes in Techelsberg am Wörthersee. "Dort wird nun ein Renaturierungsprojekt für den schützenswerten Schilfgürtel durchgeführt", teilen die ÖBf mit. Die Bundesforste haben am Afritzer See, Flatschacher See jeweils einen und am Wörther See drei freie Zugänge errichtet.
Thomas Martinz