Alexanders Geburt war zugleich ein Abschied. Das Baby wurde im Jänner 2015 im sechsten Monat geboren. Zwei Tage zuvor hatte seine Mama das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmt. Beim Frauenarzt dann die niederschmetternde Diagnose für die Familie: plötzlicher Kindstod im Mutterleib. Hatte man sich in der einen Sekunde noch auf ein gesundes Baby gefreut, musste man sich plötzlich mit dem Thema "Stille Geburt" auseinandersetzen. "Zuerst habe ich nur gedacht, das kann doch nicht sein! Die Schwangerschaft verlief bis dahin doch völlig unauffällig. Und dann stand für mich fest: Ich muss jetzt für meine Schwiegertochter und meinen Sohn stark sein", sagt Elisabeth Gonzi. Die 50-Jährige aus Griffen hat mittlerweile sieben Enkelkinder, eines von ihnen ist Sternenkind Alexander.
"Es war eine schlimme Zeit, eine totale Ausnahmesituation für uns alle. Ich habe versucht, einen kühlen Kopf zu bewahren und für die Jungen da zu sein. So gut es eben ging", erzählt die 50-Jährige. Wenn sie dann wieder bei sich zuhause war, musste sie sich irgendwann auch mit ihrer eigenen Trauer um den verlorenen Enkel auseinandersetzen. "Wir Großeltern trauern in der zweiten Reihe."
"Das war mein Rettungsboot"
Bei einer Suche im Internet stieß Gonzi auf die Facebook-Gruppe "Großeltern zwischen Himmel und Erde". Diese wurde von einer Betroffenen aus der Schweiz gegründet. Die Kärntnerin erinnert sich, dass sie eines Nachts eine Anfrage an die Gruppe schrieb, nur drei Minuten später bekam sie eine Antwort. "Für die Familie musste ich stark sein, aber dort konnte ich mir alles von der Seele schreiben. Das war mein Rettungsboot, in das ich einsteigen konnte", so Gonzi.
Da es zu diesem Zeitpunkt in Kärnten kein Angebot gab, das sich speziell an verwaiste Großeltern richtete, beschloss die Griffnerin, die Ausbildung zur Trauerbegleiterin zu machen. Das war bereits wenige Monate nach dem Tod ihres eigenen Enkelkindes. Gonzi: "Dort musste ich mich auch mit meiner eigenen Trauer befassen und den eigenen Verlust verarbeiten."
Die Kärntnerin nahm Kontakt mit der Österreichischen Plattform "Verwaiste Eltern" auf, eine Einrichtung der Katholischen Kirche Kärntens. Die Initiative gibt es seit 15 Jahren. Familien werden in ihrer Trauer um ein Kind aufgefangen und begleitet. Das Team besteht aus Klinischen- und Gesundheitspsychologen, Psychotherapeuten und Trauerbegleitern. Astrid Panger, Leiterin der Plattform, ist froh, dass auch Elisabeth Gonzi zu ihrem Team gehört. "Eltern hoffen ein Leben lang das Beste für ihre Kinder, auch wenn diese erwachsen sind. Wenn dann dem eigenen Kind eine solche Tragödie passiert, ist das keine leichte Situation", sagt Panger.
"Ein Herzensanliegen"
Seit 2016 bietet Gonzi für die Plattform "Verwaiste Eltern" Gruppen- und Einzelgespräche für verwaiste Großeltern in ganz Kärnten an. Alles ehrenamtlich, weil es ihr "ein Herzensanliegen" ist. Parallel dazu gehört sie nach wie vor auch der Gruppe "Großeltern zwischen Himmel und Erde" an. Dort tauschen sich Betroffene aus der Schweiz, aus Deutschland und aus Österreich aus. Einmal im Jahr findet ein internationales Treffen statt. Heuer ist Kärnten am 1. und 2. August der Austragungsort, für die Organisation zeichnet Gonzi verantwortlich: "Über die Jahre haben sich richtige Freundschaften daraus entwickelt." Das Treffen soll keine Trauerveranstaltung sein, es darf auch gelacht werden, gemeinsame Ausflüge werden unternommen. Dabei entsteht der gegenseitige Austausch über den Verlust und die eventuellen Probleme in der Familie.
Gonzi appelliert generell an betroffene Großeltern, sich Hilfe zu suchen, wenn sie das Bedürfnis danach haben: "Ich habe leider immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Großeltern denken, sie hätten gar nicht das Recht zu trauern, weil der Verlust ja nicht ihnen direkt passiert ist."