Eine Wolke aus Kohlenstoffpartikel oder, anders ausgedrückt, aus Ruß hat sich ostwärts von Nordamerika 3200 Kilometer über den Atlantik bis nach Europa ausgebreitet und am Montagmorgen die Küsten Nordspaniens, Portugals und Frankreichs erreicht. Der Ursprung der Rauchwolke liegt in der kanadischen Provinz Quebec, wo seit Wochen Waldbrände wüten, die bereits New York in Rauch gehüllt haben. Die Wolke wird auch über Osttirol, Kärnten und die Steiermark kommen.
Der wolkenverhangene Himmel über Europa wird von einem globalen Netzwerk bodengestützter Sensoren, dem Aerosols Robotic Network (AERONET), beobachtet, berichtet die NASA auf ihrer Website. Am Montagmorgen haben die Sensoren in Nordspanien und Frankreich eine optische Dicke von Aerosolen (AOD) von mehr als 0,5 gemessen, normalerweise liege der Wert bei 0,1. "Ein völlig klarer Himmel hätte eine AOD von weniger als 0,05, während es ein Wert von drei schwierig machen würde, die Sonne zu sehen", erklärt die NASA. In der amerikanischen Stadt Baltimore, etwa dreieinhalb Stunden Autofahrt südlich von New York City, wurde am 8. Juni der Wert 2,5 von den Sensoren registriert.
In höheren Lagen
Verglichen mit der gesundheitsgefährdenden Luftqualität in rauchverhangenen Teilen Kanadas und der Vereinigten Staaten wird die Belastung in Europa nur mäßig ausfallen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der größte Teil des Rauchs, der Europa erreicht, bereits in höhere Lagen der Atmosphäre aufgestiegen ist, wo er weniger schädlich ist. Dennoch wird die Rauchwolke auch in Österreich ihre Auswirkungen zeigen.
Am Sonnblick angekommen
Kathrin Baumann-Stanzer, Leiterin der Abteilung Umweltmeteorologie der Geosphere Austria, kann am Dienstag sogar bestätigen, dass die Rauchwolke Österreich bereits erreicht hat: "Aus unseren Satellitendaten können wir den Kohlen- und Feinstaub der Brandwolke sehr schön beobachten, ihr folgen und ihren weiteren Verlauf prognostizieren". Erste Messungen haben die Ankunft in Österreich gezeigt, erklärt Baumann-Stanzer: "Auf unserer Wetterstation am Sonnblick, in über 3000 Metern Seehöhe, konnte in der Nacht auf Dienstag ein Anstieg der Luftschadstoffe gemessen werden. Die Wolke bewegt sich in etwa 5000 bis 6000 Meter Höhe und ein Teil des Feinstaubs hat sich bis zum Sonnblick abgesenkt."
Die Expertin beruhigt aber, dass die Schadstoffe bisher keinen der Grenzwerte übersteigen und sich auch nicht weiter talwärts senken. Trotzdem werden wir die Wolke über Österreich bemerken: "Wir können in den nächsten Tagen mit ausgesprochen farbenfrohen Sonnenauf- und untergängen rechnen", sagt Baumann-Stanzer.
Waldbrand Rekord
Während wir uns auf prächtige Himmelsschauspiele freuen können, ist die Situation in Kanada erschreckend. Die Waldbrände, die seit Wochen wüten, sind die schlimmsten in der Geschichte des nordamerikanischen Landes. Bislang sind bereits 7,2 Millionen Hektar Waldfläche den Flammen zum Opfer gefallen, der bisherige Rekord stammt aus dem Jahr 1995, damals brannten 7,1 Millionen Hektar ab. Zur Veranschaulichung der Dimension, die Gesamtfläche Österreichs beträgt etwas weniger als 8,4 Millionen Hektar. Im Vergleich zu 1995 steht man heuer allerdings erst am Beginn der Waldbrandsaison. Seit Ausbruch der Brände mussten in Kanada 26.000 Menschen aus ihren Häusern evakuiert werden.