Am Rande einer Wohnstraße in Villach stehen Kerzen und Engel. Irgendwer hat sogar Spielzeugautos gebracht und einen Mini-Teddybären – in Gedenken an den fünfjährigen Buben und seine Mama (43), die hier getötet wurden. An dieser Stelle im Stadtteil Völkendorf kam es im Jänner 2022 zu einer unfassbaren Tat: Der Fünfjährige und seine Mutter wurden totgefahren. Absichtlich totgefahren, wie die Staatsanwaltschaft Klagenfurt sagt. Die Lenkerin, eine 38-jährige Rumänin, muss sich am kommenden Freitag wegen Doppelmordes am Landesgericht Klagenfurt verantworten. Staatsanwältin Ines Küttler fordert eine Verurteilung und zusätzlich eine Einweisung in ein Forensisch Therapeutisches Zentrum (früher: Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher).

Die Rumänin soll die Mutter und das Kind aus krankhafter Eifersucht ermordet haben. Denn ihr Ex-Mann war der Vater des Buben. Die Rumänin machte das Kind und seine Mutter für das Scheitern ihrer eigenen Ehe verantwortlich. Die fünfzehnseitige Anklageschrift offenbart grausame Details. Hass und Eifersucht hätten die Frau nahezu zerfressen, heißt es. "Der Hass der Frau auf das Kind wurde so groß, dass sie ihm sogar den Tod wünschte", steht an einer Stelle. 

Gnadenlos

Am 29. Jänner 2022 reiste die Betroffene von ihrem Wohnort in einem anderen Bundesland nach Villach. Mit ihrem VW-Golf fuhr sie zur Adresse des Buben und seiner Mutter in den Stadtteil Völkendorf. Dort passte sie ihre Opfer den Ermittlungen zufolge ab. "Die Lenkerin raste gezielt auf den Buben und seine Mutter zu und mähte sie gnadenlos nieder", schreibt die Anklägerin. Bei einer Geschwindigkeitsgrenze von 30 km/h fuhr sie laut Gutachter 55 bis 60 km/h. Mutter und Kind starben an der Unfallstelle.

Erinnerung an die Opfer am Tatort in Villach
Erinnerung an die Opfer am Tatort in Villach © Weichselbraun

Den Geschworenen-Prozess am Freitag wird Richter Manfred Herrnhofer leiten. Laut dem psychiatrischen Gutachter Peter Hofmann war die Frau zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig. Dem Experten zufolge besteht bei der Frau eine "kombinierte Persönlichkeitsstörung" mit narzisstischen, sadistischen und emotional instabil-explosiven Anteilen. Die Frau ist Akademikerin und hat zuletzt in einem österreichischen Konzern im mittleren Management gearbeitet. Ihren Ex-Mann hatte sie zuvor – als sie auf einem Kreuzfahrtschiff gejobbt hat – kennengelernt. Er war ein hochrangiges Crewmitglied. 

Geständnis

Der Klagenfurter Rechtsanwalt Michael Hirm ist der Pflichtverteidiger der Frau. Die Rumänin befindet sich in der Justizanstalt Klagenfurt in Untersuchungshaft. "Sie wird sich im Wesentlichen geständig verantworten. Aufgrund ihrer Therapie und Medikation ist zur Einsicht gelangt, was sie gemacht hat." Mittlerweile habe die Frau auch Krankheitseinsicht. "Das Einzige, was sie in dem Prozess bestreiten wird, ist der längerfristige Tatplan, der ihr vorgeworfen wird." Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.

Wie groß und schmerzhaft die Trauer um die Opfer sein muss, lässt sich nur erahnen. Der Tatort in Villach wurde schon mehrmals neu und voller Liebe geschmückt und gestaltet. Zwischen Blumen und Erinnerungsstücken steht eine selbst gebastelten Karte mit der Aufschrift: "Es sind zwei Sterne am Himmel nun mehr. Immer wenn wir in den Himmel blicken, denken wir an Euch. Die Nachbarn ..."

Die Wohnstraße in Villach
Die Wohnstraße in Villach © Weichselbraun