Späte Genugtuung für einen Kärntner Polizisten: Fast zwölf Jahre nachdem er bei einer Besetzung aus "parteipolitischen Gründen" nicht zum Zug gekommen ist, hat der Beamte Recht bekommen. Ihn freut es doppelt, denn er ist seit mehr als einem Jahr im Ruhestand. Die Landespolizeidirektion (LPD) musste dem 61-Jährigen K. H. (Name der Redaktion bekannt) die Gehaltsdifferenz zahlen, die ihm durch seine Nicht-Beförderung entstanden, sowie "eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung".

Begonnen hat die Causa 2011: Damals hat sich H. für den Posten des ersten Stellvertreters einer Polizeiinspektion beworben. Bekommen hat den Job ein Kollege, der "bei der ÖVP war und gute politische Verbindungen hatte". So steht es in einem Gerichtsakt. Dort steht auch, dass H. aus "weltanschaulichen Motiven" ausgebremst wurde, weil er SPÖ-Personalvertreter war.

Obwohl er für seine unmittelbaren Vorgesetzten (Posten- und Bezirkspolizeikommandant) sowie die Personalvertretung in Kärnten der Bestgeeignete war, sprach sich der damalige Landespolizeikommandant Wolfgang Rauchegger für den anderen Kandidaten aus. H. klagte daraufhin seinen Arbeitgeber, die Republik Österreich. Als erster Polizist im Land. Vielleicht ein Grund für die Hartnäckigkeit der LPD. Sie beeinspruchte alle Urteile, die zugunsten des Polizisten ausgegangen sind, ging durch alle Instanzen.

Polizeichef erfand Notensystem

Zuletzt brachte die LPD eine außerordentliche Revision gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) ein. Ende des Vorjahres hat der Verfassungsgerichtshof den Streit endgültig beendet, indem er die Revision der LPD zurückgewiesen hat.

Damit ist der BVwG-Bescheid vom März 2021 gültig. Der hat es in sich: Vor allem Rauchegger – er ist jetzt stellvertretender Landespolizeidirektor – kommt schlecht weg. Das begann damit, dass Rauchegger mit H.s Mitbewerber Gespräche zu dessen Bewerbung geführt hat. "Sicher vier bis fünf", sagte der Polizist selbst aus. Mit H. gab es kein Gespräch. Rauchegger bestritt das vor Gericht und gab an, "mit beiden Bewerbern ein persönliches Gespräch geführt" zu haben. Laut Urteil "konnte er sich jedoch weder an Zeitpunkte noch an Gesprächsinhalte erinnern und hat darüber auch keine Aufzeichnungen geführt".

Dafür führte Rauchegger – entgegen allen Vorgaben – ein persönliches Bewertungssystem mit 28 von ihm erfundenen Kategorien ein. In dieser "undatierten Übersicht" benotete er H. 22-mal mit "Sehr gut" und sechsmal mit "Gut". Der ÖVP-nahe Kandidat bekam hingegen 28 Einser von Rauchegger.

"Gegen meine Überzeugung"

Selbst die Personalabteilung der Polizei schlug vor, H. zu ernennen und "ersuchte Rauchegger um eine Begründung für seine anderslautende Entscheidung", heißt es im BVwG-Urteil. Es gab keine Begründung, Rauchegger blieb bei seiner Linie. Dass er "die Entscheidung des damaligen Landespolizeikommandanten zu Papier habe bringen müssen, sei nicht so einfach gewesen, weil er die gegen seine Überzeugung habe schreiben müssen und somit um Argumente gerungen habe", sagte der Leiter der Personalabteilung aus.

Weil in Kärnten keine Entscheidung getroffen werden konnte, ging der Akt ins ÖVP-geführte Innenministerium (BMI). Dort kam ein hochrangiger Mitarbeiter ins Spiel, der sich laut Verwaltungsgericht nicht mit Ruhm bekleckert hat: "Überhaupt hinterließ der damals zuständige Referatsleiter des BMI nicht den Eindruck, sich mit den Bewerbern objektiv (…) auseinandergesetzt zu haben", steht im Urteil. Dieses rückt den Spitzenbeamten sogar in die Nähe einer Falschaussage: und spricht an einer Stelle von einer "reinen Schutzbehauptung".

Das Ministerium schloss sich Raucheggers Empfehlung an, ebenso wie das höchste Personalvertretungsgremium, der Zentralausschuss: H. war aus dem Rennen, sein Mitbewerber bekam den Job. Ein jahrelanger Rechtsstreit folgte.