Vor einer Woche wurde nach mehr als 40 Jahren überraschend das Aus des GTI-Treffens in Reifnitz verkündet. In einer Aussendung teilte die Gemeinde Maria Wörth mit, in Zukunft keine automobilen Groß-Events dieser Art veranstalten zu wollen. Die Zeiten hätten sich geändert und man müsse der Klimakrise Rechnung tragen, war die Begründung, mit der man sich von der Veranstaltung verabschiedet hat. Man habe Volkswagen über das Ende informiert, so die Gemeinde. Auf Anfrage der Kleinen Zeitung antwortete VW schriftlich: "Wir bedauern, dass es das legendäre GTI-Treffen am Wörthersee in dieser Form nicht mehr geben wird. Die treuen GTI-Fans sind seit Jahrzehnten fester Bestandteil unserer Markenidentität und machen VW zur echten Love Brand."
Jahrelang hat VW sich aktiv am Treffen beteiligt, baute Bühnen in Reifnitz auf und machte den Ort am Wörthersee zur Leistungsschau der Konzernmarken. Die Bedeutung des Treffens zeigte sich auch darin, dass die Führungsspitze des riesigen Automobilherstellers alljährlich nach Reifnitz pilgerte. Die ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Volkswagen AG, Ferdinand Piëch (1993-2002) oder Martin Winterkorn (2007-2015), kamen immer wieder zum Treffen nach Österreich und badeten im Blitzlicht der Fotografen und dem Jubel der treuen GTI-Fans.
Keine eindeutige Antwort
Jedes Jahr im September wurden der Gemeinde Maria Wörth die Pläne für die Showbühnen in Reifnitz von VW übermittelt. "Letztes Jahr mussten wir aber im Oktober bei Volkswagen nachfragen, weil keine Pläne zugestellt wurden", sagt Markus Perdacher (ÖVP), Bürgermeister von Maria Wörth. Der Gemeindechef rief dann persönlich beim jahrelangen Partner an, um so zu erfahren, ob Volkswagen, nach drei Jahren pandemiebedingter Pause, heuer wieder bei der Veranstaltung dabei sein wolle: "Eine eindeutige Antwort habe ich nicht bekommen, man überlege noch. Aber es war wohl allen klar, dass die Ausrichtung und Planung eines Events, mit Hunderttausenden Besuchern, eine Vorlaufzeit braucht. Wir hatten somit keine Planungssicherheit."
Zu hohes Risiko ohne VW
Für die Gemeinde wurde die Veranstaltung, ohne eindeutiges Bekenntnis von Volkswagen, zu einem unabsehbaren finanziellen Risiko: "Die Organisation des bislang letzten Treffens im Jahr 2019 haben wir erstmals extern vergeben. Das Ergebnis für die Gemeinde war ein Abgang in sechsstelliger Euro-Höhe", sagt der Bürgermeister und betont zugleich, dass sich Volkswagen nie finanziell an der Veranstaltung beteiligt habe: "Sie haben die Platzmiete für die Bühnen bezahlt, mehr nicht." Doch ohne Rückhalt aus Wolfsburg wären auch andere Sponsoren schwer ins Boot zu holen gewesen. "Geld vom Land Kärnten oder der Tourismuswirtschaft gab es beim GTI-Treffen nie", sagt Perdacher.
Fehlende Planungssicherheit, finanzielles Risiko, das angeschlagene Image des GTI in Kärnten, durch inoffizielle Vor- und Nachtreffen abseits von Reifnitz, und die Klimakrise führten schlussendlich zum Entschluss, das Treffen in Reifnitz abzusagen: "Die Mehrheit der Gemeinderäte wollte es nicht mehr, es ging auch um Sicherheits- und Haftungsfragen. Ich will mir nicht vorstellen, was passieren könnte, wenn Klimaaktivisten das Treffen zu Protestzwecken nutzen und sich in Reifnitz, inmitten Tausender Autofans, auf die Straße kleben würden", sagt Perdacher.
Elektro statt Verbrenner
Waren diese Themen auch die Gründe für das Zögern von VW? Eine Anfrage der Kleinen Zeitung in Wolfsburg wurde am Dienstag so beantwortet: "Der Projektzeitplan war darauf ausgerichtet, dass wir pandemiebedingt etwas später starten, um den Coronaverlauf im Winter abzuwarten", schreibt Nina Krake-Thiemann, Pressesprecherin Vertrieb, Marketing und After Sales der Volkswagen AG.
Die restliche Antwort ist gleichlautend mit der, von voriger Woche, man bedaure das Ende, spricht von "Love-Brand" und überlege, wie man in Zukunft die treue GTI-Fangemeinde unterstützen könne: "Uns liegt Community-Pflege sehr am Herzen, deshalb unterstützen wir auch den ID-Driversclub". ID, das ist die Elektrosparte des Unternehmens. Die Fans der Elektroautos treffen sich in Locarno, in der Schweiz. "Wer einmal da war, sieht: Das ist nicht weniger emotional, als es ein GTI-Treffen in der Vergangenheit war", sagt VW.
Mit EU-Beschluss vom 14. Februar ist das Ende des Verbrennungsmotors besiegelt. Ab 2035 dürfen in der Europäischen Union nur noch Autos neu zugelassen werden, die keine Emissionen verursachen. Der GTI hat somit ein Ablaufdatum, wird bald Vergangenheit sein, die Zukunft heißt vielleicht GTX, denn dieses Kürzel tragen bei VW die sportlichen Versionen der Elektroautos.