Mehr als zehn Jahre und damit ungewöhnlich lange hat es gedauert, bis ein Villacher (28), der zwei Mädchen vergewaltigt und schwer sexuell misshandelt hat, zur Verantwortung gezogen werden konnte. Der Grund: Die Opfer, zum Tatzeitpunkt jeweils 13 Jahre alt, erstatteten nie Anzeige. Ein Mädchen wuchs allerdings inzwischen zur erfolgreichen Influencerin mit mehr als 200.000 Followern heran. Die Frau postete im Jahr 2021, dass sie in der Vergangenheit sexuell missbraucht worden sei. "Ich weiß, ich könnte es noch anzeigen, aber ich schaffe es einfach nicht", schrieb sie. Ein Leser übernahm die Initiative und erstattete Anzeige. Daraufhin packte die inzwischen 23-Jährige aus.
2013 wurde sie von einem damals 19-jährigen Bekannten aus ihrer Clique in dessen Villacher Wohnung gelockt. "Ich habe 'Nein' gesagt. Er meinte, ich soll mich nicht so anstellen, dann hat er mich vergewaltigt'", sagt sie, gesteht aber ein, dass der Täter nicht gewusst habe, dass sie erst 13 Jahre alt gewesen sei. Seit der Vergewaltigung hat sie Panikattacken, Flashbacks und 49 Traumatherapie-Einheiten bei einer Psychologin hinter sich, die die Angaben vor Gericht bestätigt.
"Wie einen Müllsack ..."
Der Freundin der Influencerin ist es ähnlich ergangen. "Er wusste aber sicher, wie alt ich war. Wir waren in Landskron unter einer Brücke. Er hat mich plötzlich gepackt und wie einen Müllsack in ein Gebüsch geworfen, mich fixiert, mir den Mund zugehalten, damit ich nicht schreien konnte. Dann ist es passiert", so die junge Frau. Die Aussagen wurden im Vorfeld der Verhandlung aufgezeichnet und im Saal auf einer Videowand abgespielt.
Nicht rechtskräftig
Der Angeklagte bestreitet alle Vorwürfe. "Es gab keinen sexuellen Kontakt, wir waren Freunde", betont er. Und sein Anwalt versucht, die Glaubwürdigkeit der Influencerin in Zweifel zu stellen. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Michael Schofnegger folgt jedoch dem Antrag der Staatsanwaltschaft und fällt einen Schuldspruch: 16 Monate Haft, zwei davon unbedingt und 3000 Euro Schmerzensgeld für die Influencerin, lautet das Urteil. Ein darüber hinausgehender Schmerzensgeldantrag wird auf dem Zivilweg entschieden. "Zwei Zeugen, die seit Jahren keinen Kontakt hatten, waren in ihren Aussagen sehr überzeugend", so Schofnegger. Als Milderungsgründe für den Angeklagten gelten sein Alter zum Tatzeitpunkt, seine Unbescholtenheit und dass er sich seither nichts zuschulden hat kommen lassen. Der Angeklagte kündigt Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, die Staatsanwaltschaft gibt keine Erklärung ab. Damit ist das Urteil nicht rechtskräftig.
Übrigens: Das Delikt der Vergewaltigung hat eine Verjährungsfrist von zehn Jahren. Eine solche Frist existiert jedoch nicht, bis Opfer 28 Jahre alt sind.
Thomas Martinz