"Ich habe immer von solchen Fällen gelesen und mir gedacht, mein Gott, sind die Leute deppert." Doch dann läutete am Donnerstag kurz vor 12 Uhr mittags das Telefon von Gudrun Kreitmayr aus Villach. Die Nummer wurde nicht angezeigt, doch die 62-Jährige gehe, so sagt sie, immer ans Telefon. Als sie die weinende Frau am anderen Ende der Leitung hörte, war sie sich sicher, mit ihrer Tochter zu sprechen. "Ich hätte darauf geschworen, dass sie es ist. Das hat sie auch schon öfter gemacht, wenn etwas passiert ist", erzählt die Mutter.
Normalerweise beschwichtigt sie ihre Tochter aber immer gleich mit "keine Sorge, es ist nichts Schlimmes" oder ähnlichen Sätzen, nicht aber dieses Mal. "Sie sagte, es ist etwas ganz Schlimmes passiert, sogar die Wortwahl klang nach ihr." Im nächsten Moment spracht Kreitmayr mit einer – so dachte sie zumindest – Polizistin. Die Frau erzählte ihr, ihre Tochter habe am Steuer telefoniert und einen schweren Unfall verursacht. Ein Kind sei gestorben, auch dessen Mutter schwebe in Lebensgefahr und ihre Tochter habe mit Suizid gedroht.
"Es war quasi Mord"
Die Villacherin hatte in dem Moment keine Zweifel mehr, "ich habe mir gedacht, das Leben ist jetzt zu Ende, sie war schuld, es war also quasi Mord". Dann wurde das Telefon am anderen Ende der Leitung erneut weitergereicht, an den – vermeintlichen – Staatsanwalt. "Er hat mir gesagt, man könnte Vollzugsunfähigkeit beantragen, aber das geht nur, wenn man beim Haftrichter eine Kaution hinterlegt. Und sollte die Mutter des Kindes sterben, kriege ich sie nicht mehr zurück."
80.000 Euro "Kaution" forderte der "Staatsanwalt". "Ich habe gesagt, ich kann nicht so viel Geld flüssig machen, dann wären auch 50.000 Euro gegangen." Als die 62-Jährige sagte, dass sie das auch nicht auftreiben könne, wurde sie nach Goldschmuck als Alternative gefragt.
"Habe die Leute nur noch beschimpft"
Parallel zu diesem Telefonat versuchte der Schwager der Villacherin deren Tochter zu erreichen, erwischte erst deren Schwester, kurz darauf aber zum Glück auch die 30-Jährige selbst. "Da habe ich die Leute am Telefon nur noch aufs Gröbste beschimpft", erzählt Kreitmayr, die bis dahin überzeugt war, dass ihr so etwas nicht passieren würde.
Dass der Fall der 62-Jährigen kein Einzelfall ist, zeigen Anzeigen, die Tag für Tag bei der Polizei eingehen. Ein ganz ähnlicher Fall ereignete sich nur einen Tag zuvor. Ein 61-jähriger Mann aus Velden wurde auf fast dieselbe Art kontaktiert. Hier riss die Verbindung ab und er erreichte zur Aufklärung seine echte Tochter.