Die Fakten im Eilzugstempo
- Weil ihre Lohnverhandlungen am Wochenende gescheitert sind, haben die Eisenbahner einen österreichweiten Warnstreik ausgerufen.
- Regional-, Fern- und Nachtzüge, S-Bahnen – auch in Kärnten stehen seit Mitternacht alle Züge für 24 Stunden still. Busse und kommunale Verkehrsbetriebe verkehren hingegen zum Großteil normal.
- 25.000 ÖBB-Kundinnen und -Kunden, vor allem Pendler und Schüler, sind allein in Kärnten vom Warnstreik betroffen.
- Bahnfahrende Schüler sind entschuldigt. Für Arbeitnehmer kann der Streik ein "Dienstverhinderungsgrund" sein – aber nur unter gewissen Voraussetzungen.
10.55 Uhr: "Reibungsloser Ablauf" an Schulen
Schon am Wochenende stand fest, dass bahnfahrende Schüler entschuldigt zu Hause bleiben dürfen. Dazu kam es – im großen Stil – aber nicht. "Ich habe von keiner Schule etwas dahingehend gehört. Es war ein reibungsloser Ablauf und sehr ruhig", sagt Bildungsdirektorin Isabella Penz. Genaue Zahlen werden nicht erhoben.
8.50 Uhr: Aufs Taxi umgestiegen
Angelo Genova von "Taxi Spitalo" in Spittal/Drau hatte heute andere Fahrgäste als sonst: "Ich bringe einige zur Bushaltestelle." Manche Oberkärntner Schüler, vor allem von berufsbildenden höheren Schulen, bewiesen einen eisernen Willen. In aller Früh ging es für den Schulbesuch über Radenthein nach Villach. Und am Abend wieder zurück. Auch in anderen Teilen Kärntens profitierten die Taxifahrer, wie zum Beispiel in St. Veit.
8.05 Uhr: Auch Busse betroffen
Gestern beschwichtigten die Verantwortlichen noch ("Alle Busse fahren"), dafür ist der Ärger heute umso größer. Weil einige Buslenker alte ÖBB-Verträge haben, wird heute auch beim Postbus teilweise gestreikt. Im Görtschitztal mussten Schüler deshalb heute Früh in der Kälte auf einen Bus warten, der nicht kam. Das berichtet Antenne Kärnten. Die Eltern der Betroffenen sind empört. Katarina Micic aus Ferlach fahrt in der Regel auch mit dem Bus nach Klagenfurt, war somit nur indirekt betroffen. "Es war im Bus viel mehr los als sonst. Der Streik ist aber ungut für meine Freunde, die mit dem Zug fahren."
7.25 Uhr: "Eine Frechheit!"
Bei den wenigen Passanten, die rund um den Klagenfurter Bus- und Hauptbahnhof anzutreffen sind, hält sich das Verständnis für den Warnstreik in Grenzen. "Unsere Kinder wären heute mit ihrer Klasse mit dem Zug nach Wien gefahren", erzählen Eltern von Schülern der Mittelschule Waidmannsdorf. Um den Ausflug doch noch zu ermöglichen, musste die Lehrerin kurzfristig einen Bus organisieren. Den Urlaub in Kärnten muss unfreiwillig Peter Köpp verlängern. Die Heimreise nach Deutschland vom Villacher Bahnhof ist heute nicht möglich: "Ich bin natürlich sauer, auch wenn ich verstehe, dass man in Zeiten wie diesen für mehr Lohn kämpft."
"Ich bin schon seit zwei Stunden unterwegs", schimpft – ebenfalls am Busbahnhof Klagenfurt – ein 17-jähriger Schüler aus St. Veit. "Ich fahre normalerweise mit dem Zug und weiß noch nicht, wie ich heute nach Hause komme." Der Jugendliche musste in der Früh mit dem Rad 45 Minuten nach St. Veit fahren und dann mit dem Bus weiter nach Klagenfurt. Er findet: "Der Streik ist eine Frechheit!" Auch eine Schülerin aus St. Jakob im Rosental musste um 3.30 Uhr aufstehen, um rechtzeitig nach Klagenfurt zu kommen. "Es war alles ein bisschen aufwendig", erzählt die 14-Jährige. Die lange Heimfahrt mit den Öffis bleibt ihr erspart: "Meine Oma holt mich von der Schule ab."
7.05 Uhr: Stau an Stadteinfahrten
Früher und länger als sonst staut es sich laut Antenne Kärnten auf dem Weg nach Klagenfurt in der St. Veiter Straße, in der Feldkirchner Straße, in der Rosentaler Straße, in der August-Jaksch-Straße sowie beim Knoten Klagenfurt-Nord und der Kreuzung Südring/Ebentaler Straße. In Villach gibt es Probleme im Bereich der Autobahnabfahrt Faaker See, in der Kärntner Straße, in der Tiroler Straße, in der Triester und in der Vassacher Straße.
6.25 Uhr: Schon deutlich mehr Verkehr
Pendler beobachten deutlich mehr Verkehr auf den Verbindungen nach Klagenfurt, zum Beispiel auf der Schnellstraße, die St. Veit und die Landeshauptstadt verbindet. Ö3 berichtet über erste Verzögerungen wegen des erhöhten Verkehrsaufkommens in Wien und Niederösterreich.
4.30 Uhr: "Kurzparkzonen aussetzen"
Der ÖAMTC rechnet in Wien und in allen Landeshauptstädten mit "massiven Verkehrsbelastungen". Die Kommunen sollten deshalb die Gebührenpflicht in den Kurzparkzonen für Montag aufheben, fordert ÖAMTC-Direktor Oliver Schmerold. "Zumindest die Überwachung der Einhaltung der Höchstparkdauer sollte ausgesetzt werden." Vom Warnstreik betroffenen Pendlern empfiehlt der Autofahrerklub, im Homeoffice zu bleiben, wenn sie die Möglichkeit dazu haben.
0.01 Uhr: Eine stille Nacht beginnt
Punkt Mitternacht sind die elektronischen Fahrplananzeigen auf den zu diesem Zeitpunkt menschenleeren Bahnhöfen auf eine kurze und knackige "Sonderinformation" umgestellt worden. Die englische Übersetzung unterscheidet sich nur im fehlenden Rufzeichen nach "All train traffic stopped" vom deutschen Original.
ÖBB-Sprecherin Rosanna Zernatto-Peschel
In einer Presseaussendung äußert Team-Kärnten-Chef Gerhard Köfer "kein Verständnis" für den Warnstreik der Eisenbahner: "Da wird auf dem Rücken von 25.000 Kärntnern ein Gehaltsstreit ausgetragen. Schüler, Berufspendler und Reisende kommen völlig unschuldig zum Handkuss und werden in eine äußerst missliche Lage gebracht." Der Spittaler Bürgermeister fordert Arbeitgeber und -nehmer auf, umgehend an den Verhandlungstisch zurückzukehren, bis weißer Rauch aufsteigt: "Die ÖBB müssen schnellstmöglich in den Regelbetrieb zurückkehren."
23.40 Uhr: Der erste Ausfall
In Kärnten würden sechs Züge, die vor Mitternacht wegfahren, ihr Ziel nicht bis Streikbeginn erreichen. Sie bleiben deshalb gleich stehen. Den Anfang macht Zug 4265, der um 23.40 Uhr von Klagenfurt nach Villach gefahren wäre.
ÖBB-Vorstandsvorsitzender Andreas Matthä hatte sich schon im Vorfeld entschuldigt: "Mir fehlt jedes Verständnis für diesen Streik. Die Arbeitgeberseite hat mit 8,44 Prozent das höchste Angebot aller Branchen gestellt. Das ist ganz klar ein mutwilliger Streik der Gewerkschaft. Es schmerzt mich, dass unsere Fahrgäste dermaßen in Mitleidenschaft gezogen werden. Ich möchte mich bei den Kunden aufrichtig entschuldigen. Die ÖBB werden alles daran setzen, den Betrieb so rasch wie möglich wieder hochzufahren."
Was müssen Kunden beachten? ÖBB-Standard- und Sparschiene-Tickets bleiben bis einschließlich 5. Dezember gültig oder werden rückerstattet. Auch Besitzer von Zeitkarten werden – entsprechend den Fahrgastrechten – entschädigt.