Anna* war ein absolutes Wunschkind. "Die Schwangerschaft war wunderschön. Erst bei der letzten Untersuchung vor der Geburt merkte der Frauenarzt, dass die Kleine gesundheitliche Probleme hat", sagt die Mutter.
Als Anna zur Welt kam, musste sie sofort in den Operationssaal. Sie wurde vier Stunden lang operiert, mehrere Organe waren fehlgebildet, Knochen waren verwachsen und teils zusammengewachsen. Die Komplikationen waren enorm. "Anna musste nach der Geburt schnell notoperiert werden. Kennengelernt habe ich mein Kind erst auf der Intensivstation, angeschlossen an Maschinen und Schläuchen", erinnert sich die Mutter. "Mir hat mein Baby so leidgetan." Anna so hilflos zu sehen, sei ein Schock gewesen. Erst nach langer Zeit konnten Mutter und Kind die Klinik verlassen.
Selbstvorwürfe
"Ich habe mich oft gefragt, ob ich vielleicht in der Schwangerschaft nicht vorsichtig genug gewesen bin", sagt die junge Mutter. Selbstzweifel und Selbstvorwürfe belasteten die Frau schwer. Die erste Zeit nach der Geburt war hart. Immer wieder fragte sich die Mutter: Warum ist Anna nicht gesund? Warum? "Es ist eine Laune der Natur. Niemand kann etwas dafür", antworteten die Ärzte. Anna hat – vereinfacht gesagt – Verengungen im Körper und Verwachsungen an mehreren Organen und an der Wirbelsäule.
Ob sie einmal normal gehen können wird, ist unklar. Wie sie sich generell entwickeln wird, weiß man nicht. "Ich habe gelernt, das hinzunehmen und optimistisch zu sein", meint die Mutter. Heute ist Anna knapp ein Jahr alt und hat schon zahlreiche große Operationen mit lebensrettenden Maßnahmen hinter sich. Weitere Eingriffe werden folgen. Die Kleine braucht extrem viel Pflege. Ihre Mama wechselt ständig Verbände und gibt ihr Medikamente. "Wegen der Operationsnarben ist Annas Haut sehr empfindlich. Wegen der vielen Untersuchungen muss ich oft ins Krankenhaus fahren", schildert die Frau. Dazu kommt, dass Anna sehr anfällig ist, häufig schwere Infekte mit hohem Fieber hat und gewisse Medikamente nicht verträgt. In Zukunft werden wohl viele Therapien notwendig sein.
Existenzsorgen
Das alles ist auch eine finanzielle Belastung. Annas Eltern haben immer gearbeitet, trotzdem wird es mit dem Geld eng. Erst recht nach der Karenz, wenn die Familie nur noch ein Einkommen haben wird.
Um beruflich besser abgesichert zu sein, machte Annas Vater sogar eine Zusatz-Ausbildung. Trotz des Drucks und der Angst um sein Baby hat er alle Prüfungen geschafft. Die jungen Eltern sind ein tolles, eingespieltes Team. "Wir sind gut in unsere Elternrolle hineingewachsen", sagt die Mutter.
Anna selbst wirkt fröhlich: Der Lockenkopf mit den Kulleraugen sitzt neugierig bei den Erwachsenen am Küchentisch. Sie lacht, brabbelt und strampelt mit ihren Beinen: So als wollte sie ihrer Mutter sagen, sie soll sich nicht so viele Sorgen machen. "Sie ist ein Schatz, ein richtiger Sonnenschein", lächelt Annas Mama. Sie weiß nicht, wie es gesundheitlich mit Anna weiter geht. Sie weiß nicht, wie viele Operationen noch anstehen oder, ob ihr Kind einmal einen Rollstuhl oder andere Hilfsmittel brauchen wird. Aber eines weiß sie genau: "Unsere kleine Anna ist eine große Kämpferin."
* Name und persönliche Daten von der Redaktion geändert.