Es ist ein mitunter zynisches Rechnen mit Menschen, ein Hin- und Herschieben von Verantwortung. Dienstag wurde bekannt, dass in Spittal/Drau 250 männliche Asylwerber aus Syrien und Afghanistan untergebracht werden sollen. Bürgermeister und Landtagsabgeordneter Gerhard Köfer (Team Kärnten) sprach von einem "Asylangriff" auf Spittal und kündigte an, sich mit allen Mittel zu wehren. Offenbar mit Erfolg: Dienstagnachmittag zog der potenzielle Quartiergeber, der Unternehmer und Ex-Politiker Hans Peter Haselsteiner, sein Angebot zurück.
"Erfolgreich torpediert"
"Damit ist eine vernünftige Lösung für Asylsuchende erfolgreich torpediert worden", sagt Thomas Fussenegger, Sprecher der zuständigen Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen. Er widerspricht Haselsteiners Aussage, wonach nicht bekannt gewesen wäre, dass in der Halle Syrer und Afghanen untergebracht werden sollten: "Im Gespräch mit dem Quartiergeber war immer von Asylwerbern die Rede." Für Ukrainer brauche man keine Halle, die würde relativ leicht in privaten Quartieren unterkommen, so Fussenegger. "Eines ist auch klar: Wir dürfen kein Quartier ohne Zustimmung und vorherige Information des Landes in Betrieb nehmen."
Karner lädt ein
Die zunehmend dramatischer werdende Problematik der Unterbringung von Asylwerbern führt heute, Mittwoch, zu einem Gespräch zwischen Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und den Landeshauptleuten. Am Abend kommt es zu einem Austausch, der zumindest teils per Video stattfinden wird. Angesichts des anhaltenden Widerstands gegen die Unterbringung von Flüchtlingen droht vielen Asylsuchenden die Obdachlosigkeit.
"Fragwürdige Bescheide"
Bei der Unterbringung von Asylwerbern sind Bund und Länder auf private Quartiergeber angewiesen. Derzeit sind 8000 Asylsuchende in Österreich in BBU-Unterkünften, mehr als dreimal so viel wie vor einem Jahr. "Von diesen 8000 Menschen könnten 5400 längst in der Betreuung der Bundesländer sein", sagt Fussenegger. Das Problem: Es finden sich keine Quartiere oder sie werden durch "fragwürdige Bescheide von Bürgermeistern vorerst verhindert", so der BBU-Sprecher.
Am Ende blieben nur zwei Möglichkeiten: Zelte oder Obdachlosigkeit. Und wenn es vor dem Winter keine Lösung gibt, werde es viele obdachlose Asylwerber geben, befürchtet Fussenegger und kritisiert das Land Kärnten. Dieses erfülle die vorgegebene Asyl-Quote nur zu knapp 64 Prozent. "Und rechnet man die etwa 1000 Asylwerber heraus, die in den Bundesquartieren in Kärnten untergebracht sind, ist die Quote noch viel schlechter", sagt der BBU-Sprecher.
"Erfüllen die Quote"
"Stimmt nicht", kontert Georg Köchl, stellvertretender Büroleiter von Landesrätin und Flüchtlingsreferentin Sara Schaar (SPÖ). Kärnten erfülle seine Quote für die Unterbringung von Asylwerbern zu rund 105 Prozent, so Köchl: "Damit wären wir mit Wien und dem Burgenland weit vorne." Wären, denn diese Quote ist "nur" möglich, wenn man die etwa 1260 Ukrainer aus der Zahl der insgesamt 3687 bei uns untergebrachten Personen herausnehme.
Es würden in dieser Statistik zwei Systeme gemeinsam dargestellt, die nicht wirklich zusammengehören, so Köchl. Asylsuchende (etwa aus Syrien und Afghanistan) und Vertriebene aus der Ukraine. Würde Kärnten wie vereinbart dreimal so viele Ukrainer aufnehmen, wäre die Gesamt-Quote klar positiv, so Köchl. "Aber wir bekommen keine Ukrainer zugeteilt."
Für diese sei es auch nicht schwer, private Unterkünfte zu finden. "Sehr viele Quartiergeber sagen hingegen ganz klar: Ukrainer ja, andere nicht", berichtet Köchl. Und genau das sei das größte Problem des Landes – und auch des Bundes.