Selten war der Wunsch so groß, den kommenden Winter voraussagen zu können. Der Ukraine-Krieg und die Energiekrise befeuern die Nachfrage nach Langzeit-Wetterprognosen. Wir wollen wissen, wie kalt oder warm und somit wie teuer wird der Winter. Kürzlich hat sich auch der Wetterdienst AccuWeather dem Thema angenommen und eine Langzeitprognose für den Zeitraum vom November bis einschließlich April nächsten Jahres für Europa veröffentlicht. Der kommerzielle Wetterdienst aus Amerika ist einer der Marktführer, wenn es um wetterbezogene "Big-Data-Anwendungen" geht.
Schnee in Skigebieten?
Die veröffentlichten Ergebnisse sind auch für Österreich spannend, denn sie geben der Skifahrer-Nation einen Ausblick auf die Pistenverhältnisse dieses Winters: Für Kärnten, Osttirol und den Süden der Steiermark prognostizieren die Amerikaner einen äußerst schneereichen Winter mit überdurchschnittlich vielen Schneefalltagen. Der Westen und Norden wiederum, also etwa Vorarlberg, Tirol und Salzburg werden kaum mit natürlicher weißer Beflockung gesegnet sein. Trifft die Vorhersage zu, müssen diese Skigebiete heuer mit hohen Energiekosten für die Beschneiung rechnen.
Schneefall-Voraussagen?
Doch wie exakt sind solche Saisonprognosen und Schneefall-Vorhersagen? Gerhard Hohenwarter von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (Zamg) sagt dazu: "Wir beziehen uns im Regelfall auf die Ergebnisse des europäischen Wettermodells ECMWF und auch deren Langzeit-Modelle lassen Anzeichen erkennen, dass es im Süden tendenziell mehr Niederschlag geben soll. Ob das bei uns Schnee bringt, ist eine andere Geschichte. Wenn es zu warm wird, dann regnet es und wenn die Tiefs etwas weiter im Süden bleiben, fällt überhaupt kein Niederschlag. Langzeitprognosen haben gerade beim Niederschlag eine recht geringe Trefferwahrscheinlichkeit."
La Niña
Warum sind sich dann die Experten von AccuWeather so sicher? Der Wetterdienst erkennt in seiner Auswertung mehrere einzigartige Phänomene, die sie in ihrer Prognosegenauigkeit bestärken. Für die Experten wird die winterliche Jahreszeit heuer von dem Wetterphänomen "La Niña" bestimmt. La Niña ist das Gegenstück von "El Niño" und folgt meist diesem nach. Die Besonderheit heuer: La Niña bestimmt zum dritten Mal in Folge das Winterwetter. Das wiederum ist so selten, dass man die Auswirkungen mit bisher dokumentierten Fällen, etwa in den Jahren 1998 bis 2001, gut vergleichen kann, erklärt Accuweather-Meteorologe Alan Reppert.
Kann sein, muss aber nicht
Auch Hohenwarter räumt ein: "Grundsätzlich spricht einiges für mehr Niederschläge im Mittelmeerraum, das ist im Winter aber wiederum normal. Ein Großteil fällt im Mittelmeerraum zwischen November und April. In Mitteleuropa ist es genau umgekehrt, da fällt der meiste Niederschlag zwischen Mai und September." Aber auch das Phänomen La Niña führt, für den Meteorologen der Zamg, nicht zwangsläufig zu mehr Schnee in den steirischen und Kärntner Skigebieten: "Letzten Winter war auf den Bergen sehr wenig Schnee, der Winter davor war extrem schneereich. Beide waren La Niña dominiert, wir können uns also aussuchen, ob 'das Mädchen' auf 'Frau Holle' macht, Schnee bringt, oder eben nicht", scherzt Hohenwarter.