Kinder, Kinder! Eine dreifache Mutter musste 1300 Euro zahlen, weil eine Mutter-Kind-Pass-Untersuchung zu spät durchgeführt wurde.
Als die Kärntnerin mit ihrem dritten Kind schwanger war, ging sie zu ihrer Gynäkologin. Alles war bestens. Der zweite Kontrolltermin wurde von der Frauenärztin für den 13. August 2020 fixiert. Die Schwangere hielt diesen Termin ein. Doch: Wie sich im Nachhinein herausgestellt hat, war der Kontrolltermin von der Frauenärztin zu spät angesetzt worden. Laut Bestimmungen der Mutter-Kind-Pass-Verordnung hätte diese Untersuchung mindestens elf Tage früher stattfinden müssen. „Davon wusste die Mutter aber nichts. Sie hat sich bei der Terminvergabe auf ihre Frauenärztin verlassen, die ja Vertragsärztin bei den Gesundheitskassen ist und alle Fristen kennt“, sagt Michaela Eigner-Pichler, Juristin bei der Arbeiterkammer Kärnten.
Strafzahlung
Nach der Geburt des Babys beantragte die Frau das Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von rund 500 Euro monatlich. Doch bei der ersten Auszahlung erlebte sie eine böse Überraschung. „Die Gesundheitskasse hat meiner Mandantin im ersten Monat nur 68 Euro ausgezahlt und auch in den weiteren Monaten Kinderbetreuungsgeld einbehalten," sagt Eigner-Pichler. In Summe sei der Frau das Kinderbetreuungsgeld um 1300 Euro gekürzt worden! Eigner-Pichler: „Das war die Strafzahlung dafür, dass die zweite Mutter-Kind-Passuntersuchung nicht fristgerecht durchgeführt wurde.“ Der Anspruch auf volles Kinderbetreuungsgeld besteht nämlich nur dann, wenn die vorgeschriebenen Untersuchungen des Kindes bis zu einer gewissen Frist erfolgen. So steht es im Gesetz. Und im Fall der Kärntnerin war die besagte Untersuchung eben elf Tage zu spät.
Schuld der Mutter?
„Doch das war nicht ihr Versäumnis. Meine Mandantin hatte ja keinen Einfluss auf die Terminvergabe der Gynäkologin“, sagt Eigner-Pichler. Laut Gesundheitskasse wäre die Kärntnerin aber dazu verpflichtete gewesen, sich selbst zu vergewissern, ob der Termin zeitlich passt. Das liege in der Verantwortung der Eltern und nicht in jener der behandelnden Ärztin, argumentierte die ÖGK. „Die Frau hätte Kenntnis von den Bestimmungen in der Mutter-Kind-Pass-Verordnung haben müssen, zumal es sich ja bereits um ihre dritte Schwangerschaft gehandelt hat“, argumentierte die Gesundheitskasse.
Kampf gegen die Bürokratie
Das wollte sich die Mutter nicht gefallen lassen. Mithilfe der AK Kärnten klagte sie die Österreichische Gesundheitskasse. Schon im Ersturteil des Landesgerichts Klagenfurt bekam die Mutter Recht. Sie habe auf die Terminvergabe der Ärztin vertrauen können, hieß es sinngemäß im Urteil. Es sei nicht zu erwarten, dass die Frau die Terminvergabe der Ärztin hinterfrage. „Die nur um wenige Tage verspätete Vornahme der Untersuchung ist der Frau nicht vorzuwerfen“, urteilte das Landesgericht. Die 1300 Euro seien der Frau zu Unrecht abgezogen worden.
Behörde muss zurückzahlen
„Dagegen hat die ÖGK berufen“, sagt Eigner-Pichler. Doch auch das Oberlandesgericht Graz entschied vor wenigen Wochen zugunsten der Mutter. „Im konkreten Einzelfall kann der Frau kein rechtlich relevanter Vorwurf gemacht werden“, entschied das OLG. „Das Urteil ist rechtskräftig. Die 1300 Euro müssen der Frau zurückgezahlt werden“, fasst Eigner-Pichler zusammen.