Meter für Meter kämpfen sich die Einsatzkräfte nach den Unwetterkapriolen im Gegendtal auf der Millstätter Bundesstraße von Treffen in Richtung Arriach. Rasch wird klar, dass die bisherigen Eindrücke nur die Spitze des Eisbergs waren. Teilweise ist die halbe Straße weggebrochen, Bäche sind reißende Flüsse und überall türmen sich Geröll, Bäume, Baumstämme. Pkw und Lkw wurden von den Naturgewalten Hunderte Meter mitgeschleift und liegen nun wie Wracks gestrandet mitten in der Natur. Einige Autos sind nahezu vom Boden verschluckt, nur die Dächer ragen aus dem Schlamm.
Immer wieder stößt man auf besiedelte Gebiete. In der Äußeren Einöde am Vogelsangweg beispielsweise war bis Donnerstagmittag eine Siedlung mit rund 20 Häusern von der Außenwelt abgeschnitten. Der erste Eindruck nun: eine Katastrophe und viele persönliche Tragödien.
Bis zum Knie stecken die Kumpel von Christian Oberzaucher bei den Aufräumarbeiten im Schlamm, der sich unter der Sonneneinstrahlung verhärtet. Einer kommt nicht mehr vor und nicht mehr zurück. Die Freunde packen sich an den Händen, legen Holzbretter auf, um den Mann im wahrsten Sinn des Wortes aus dem Dreck zu ziehen. Der Stiefel bleibt im braunen Morast verschwunden.
Diese Szenen spielen sich vor dem Haus von Herrn Oberzaucher ab. Gemeinsam mit seiner Freundin Valerie Steiner hat er es gerade saniert, im März war das Paar eingezogen. "Mittwochfrüh ist der Bach mit Baumstämmen und Schotter ins Haus eingedrungen, wir sind durchs Fenster geflüchtet. Ich bin bisher nicht ins Haus gekommen, habe nur, was ich anhabe", sagt der junge Mann.
Blickt man rundum, sieht man überall Schutt, Baumstämme, halb verschüttete Autos und sogar Häuser, die durch die Naturgewalt verschoben wurden. "Unbewohnbar, er muss neu bauen", diagnostiziert ein Nachbar. "Die Leute helfen sich selbst, gehen von Haus zu Haus und schauen, was zu tun ist", spricht VSV-Legende Gerhard Unterluggauer, der hier sesshaft wurde, die große Hilfsbereitschaft an. Der Keller seines Hauses ist voller Wasser und Geröll. "Und in meinem Pool ist das Auto des Nachbarn. Pkw sind hier vorbeigeschwommen, wie Hölzchen, die man ins Wasser wirft.
Hans Brandstätter wohnt neben dem Treffner Bach. Er schöpft mit anderen freiwilligen Helfern Wasser und Erdreich aus seinem Keller. "Der ist voll mit Dreck und im Erdgeschoss ist der Schlamm fünf Zentimeter hoch. Wie hoch ist der Schaden? "Überhaupt nicht abschätzbar." Herr Brandstätter ist froh, dass ihm auch sein Sohn Patrick bei der Arbeit hilft, kritisiert aber die Einsatzkräfte. "Patrick durfte nicht über die Bundesstraße zu mir kommen, er hat sich über einen Waldweg zu Fuß durchgeschlagen."
Kritik kommt auch von Karin Krenn. "Es ist, als wurden wir vergessen. Meine Tochter hat ein Baby und niemand hat sich um die Evakuierung gekümmert, die mussten wir privat über die Transportfirma Petschar organisieren", sagt die Frau. "Die Einsatzkräfte haben die Wucht der Katastrophe in dieser kleinen Siedlung wohl lange unterschätzt."
Thomas Martinz