Jahrelang waren es Auto- und Lkw-Fahrer in Österreich gewohnt, dass Diesel an der Tankstelle günstiger ist als Benzin – dafür sorgt auch der geringere Mineralsteuersatz. Dieser liegt bei Diesel bei 39,7 Cent je Liter und bei Benzin bei 48,2 Cent je Liter.
Heizöl-Nachfrage befeuerte Dieselpreis
Mit Beginn des Ukraine-Krieges wurde das gewohnte Preisbild an den Tankstellen-Anzeigen aber auf den Kopf gestellt. Nicht nur, dass (für kurze Zeit) erstmals die 2-Euro-Marke je Liter Treibstoff geknackt und teilweise sogar weit übertroffen wurde. Auch war Diesel in den letzten Monaten deutlich teurer als Benzin.
Erklärt wurde das vor allem durch die stark gestiegenen Großhandels- bzw. Börsenpreise. "Da ist aber auch viel Psychologie im Spiel", sagt Jürgen Roth, Obmann des Fachverbands Energiehandel in der Wirtschaftskammer. Und die Psychologie hatte natürlich Folgen: Seit der Ukrainekrise haben auch hierzulande Firmen und Privathaushalte ihre Heizöllager wieder auffüllen lassen (Heizöl Extra Leicht ist praktisch "baugleich" wie Diesel), "zum Teil, um dadurch Gas, das noch viel teurer wurde, zu kompensieren". Früher sei stets "Was kostet es?" für die Heizöl-Einlagerung der wichtigste Faktor gewesen, seit März sei "Wann bekomme ich es?" die häufigste Frage, so Roth.
Abwärts-Tendenz bei Preisen
Zurück zum Treibstoff: Anfang April war Diesel laut Spritpreisrechner der e-control um 13 Cent je Liter teurer als Superbenzin. Doch während die Treibstoffpreise in den letzten Wochen eine Abwärts-Tendenz erkennen ließen, hat sich auch im Preisgefüge zwischen Diesel und Benzin wieder etwas getan. Wie sich die Preiskurven angleichen, sehen Sie hier:
1,792 versus 1,787 Cent
Seit einigen Tagen sind in Kärnten vermehrt wieder Tankstellen zu finden, an denen Diesel bereits wieder günstiger ist als Benzin. Auch laut e-control liegen die Preise im Kärnten-Durchschnitt zumindest wieder gleichauf. So kostete ein Liter Diesel am 22. Mai im Medianwert 1,779 Euro in Kärnten, während Superbenzin 1,772 Euro kostete.
Die Gründe
Hintergrund dafür, dass sich die Preise wieder angleichen, sei weniger eine nachlassende Heizöl-Nachfrage, so Roth: "Das wird nach wie vor stark eingelagert." Vielmehr sei Österreich bei Diesel viel stärker von Importen des fertigen Produktes abhängig als bei Benzin. "Benzin wird in großen Mengen von der OMV selbst raffiniert." Und genau bei den Diesel-Importen sei zuletzt eine gewisse Entspannung eingetreten. Mit ein Grund dafür: In Deutschland wird mit 1. Juni die Mineralölsteuer gesenkt, deshalb würden derzeit viele Händler und Kunden mit dem Dieselkauf warten.
In Deutschland wird ab 1. Juni sogar mit einem Ansturm auf Tankstellen samt entsprechendem Treibstoff-Engpass gerechnet. Man darf gespannt sein, wie sich dies wieder aufs Preisgefüge auswirkt.
Die günstigsten Pflaster
Am günstigsten tanken konnte man am Montag kärntenweit übrigens in Villach, dort gab es an der Magistratstankstelle den Liter Diesel um 1,709 Euro. Superbenzin war mit 1,750 Euro pro Liter bei KMG in der Kirchengasse in Klagenfurt am günstigsten.
Eine aktuelle Preisübersicht finden Sie im Spritpreisrechner der e-control.
Generell liegen die Treibstoffpreise aber noch immer weit über jenen vor einem Jahr, wie der Treibstoffmonitor des Umweltministeriums zeigt (Auswertung basierend auf dem wöchentlichen Öl-Bulletin der Europäischen Kommission):
Die Energiekosten gelten auch als Haupt-Preistreiber der Inflation, die bereits auf über 7 Prozent geklettert ist.
Ulrich Dunst