Mehr als ein Dutzend Infizierte aus dem Bezirk Hermagor sollen jeweils 300 Euro Strafe zahlen (alternativ sechs Tage Haft), weil sie weiterhin mit ihren Partnern in einem gemeinsamen Haushalt lebten - diese Geschichte sorgte kurz nach Weihnachten österreichweit für Kopfschütteln, weil einmal mehr in Kärnten der Amtsschimmel laut wieherte.
Als "Tatort", wie es die Bezirkshauptmannschaft (BH) Hermagor im Schreiben nennt, ist stets die gemeinsame Wohnung ausgewiesen. Der oder die Infizierte durfte die Unterkunft natürlich nicht verlassen, die Partner hätten im Lockdown dennoch auf Reise gehen sollen, so die praxisfremde Gesetzesinterpretation. Denn laut BH hätte der Nicht-Infizierte aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen müssen.
"Kein Hotel hatte offen, zu Verwandten konnten sie nicht, weil sie wegen der Ausgangssperre um 20 Uhr zu Hause sein mussten. Und für eine Übernachtung im Wald war es zu kalt. Außerdem wäre man sicher mit dem Kärntner Naturschutzgesetz in Konflikt gekommen", kann sich der Wiener Jurist Ulrich Salburg einen Seitenhieb nicht verkneifen. Er vertritt in dieser Causa zehn Betroffene, hat die Bescheide beeinsprucht und rechnete mit einer Einstellung des Verfahrens - zumal der Bund im Dezember betont hatte, die BH habe eine "Empfehlung" überinterpretiert.
Unter Beweisdruck
Weit gefehlt, die Behörde blieb am Drücker. Ein Mandant erhielt jetzt eine Aufforderung zur Stellungnahme. Der Mann müsse beweisen, dass er im gemeinsamen Haushalt "keinen direkten Kontakt (= unter 2 Meter mehr als 15 Minuten ohne Schutzmaßnahmen wie z. B. Mund-Nasenschutz)" zur Lebensgefährtin gehabt habe. "Die Behörde muss die Schuld meines Mandanten beweisen und nicht er als Beschuldigter seine Unschuld. Da geht es um Grund- und Menschenrechte. Er darf sich sogar der Aussage entschlagen", klärt Salburg auf und schickte eine entsprechende Stellungnahme retour.
Außerdem will Salburg wissen, wie die BH dem angeblichen Gesetzesbruch überhaupt auf die Spur gekommen sein will. "Über das Contact Tracing wohl nicht, denn im entsprechenden Covid-19-Erhebungsbogen gibt es zur Frage der Kontakte keinen Eintrag", so der Anwalt. Die Pointe der Geschichte passt ins Bild: Die Lebensgefährtin hat sich nämlich nachweislich nie mit dem Virus infiziert.
Die BH verweist in der Causa auf Gerd Kurath, Sprecher des Landes Kärnten. Er sagt, natürlich hätte man die Kontakte über das "mündliche und schriftliche Contact Tracing". Die Behörde müsse die Verfahren weiterführen, alles andere wäre Amtsmissbrauch. "Das Ermittlungsverfahren läuft. Der Nachweis, dass es zu engen Kontakt zwischen den Partnern gegeben hat, wird sowieso schwierig. Andernfalls wäre das Verfahren natürlich einzustellen", sagt Kurath.
Thomas Martinz