Feierlich, würdig, das Gemeinsame betonend, ohne Trennendes in der Vergangenheit auszuklammern und dabei den Blick immer in die Zukunft gerichtet. Das war am Samstag der Festakt anlässlich 100 Jahre Kärntner Volksabstimmung im Wappensaal des Landhauses. An der Festsitzung der Landesregierung nahmen unter anderen auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen und erstmals auch Sloweniens Staatspräsident Borut Pahor teil. Lesen Sie hier die wesentlichsten Aussagen der Festredner.
"Lernen wir voneinander"
Mit der Begrüßung der Festgäste durch Landtagspräsident Reinhart Rohr begann der offizielle Festakt und Höhepunkt der drei Tage der dauernden Feierlichkeiten. Er verwies darauf, dass gerade in den "letzten eineinhalb Jahrzehnten viel zum entscheidenden Durchbruch" im Zusammenleben der Bevölkerungsgruppen beigetragen worden ist. "Dafür danke ich allen Beteiligten", so Rohr.
Klagenfurts Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz erinnerte in ihrer Rede auf die historische Bedeutung der Volksabstimmung in Kärnten und Österreichs Beitritt zu EU. "Lernen wir aus der Geschichte. Respektieren wir einander. Lernen wir voneinander. Dann ist es uns möglich selbst Geschichte zu schreiben", appellierte Mathiaschitz.
Analyse: Was war das Herausragende an dieser 100-Jahr-Abstimmungsfeier?
"Wir brauchen Liebe"
Manuel Jug, Obmann des Zentralverbands slowenischer Organisationen, erinnerte auch an Schattenseiten im Zusammenleben der slowenisch- und deutschsprachigen Bevölkerung. Viel zu lange hätte Missinterpretationen der Volksabstimmung das Miteinander belastet. "Wir brauchen Versöhnung, wir brauchen ein Miteinander. Wir brauchen Liebe, und Liebe ist ein Duett", sagte Jug in seiner emotionalen Rede. "Gehen wir aufeinander zu, nur so können wir die Herausforderungen der Vergangenheit und der Zukunft bewältigen."
Stolz auf die Heimat zu sein und dennoch seine Werte hochzuhalten. Das ist kein Widerspruch, so Landesrat Martin Gruber. "Es muss unser aller Ziel sein Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und gemeinsam an einer prosperierenden Zukunft zu arbeiten." Es gelte weiterhin Brücken zu bauen und Konflikte ohne Waffengewalt zu lösen, sagte Gruber: "Es lebe unsere Heimat, es lebe Kärnten, es lebe unsere Republik Österreich."
"Unaufhaltsame Kraft der Demokratie"
Jede der sechs Volksgruppen in Österreich sei Teil der österreichischen Identität, sagte Bundesministerin Susanne Raab. Diese Volksgruppen zu unterstützen sei eine wichtige und unverzichtbare Aufgabe. "1920 hat die unaufhaltsame Kraft der Demokratie über die Gewalt gesiegt", so die für Frauen und Integration zuständige Ministerin. Das sei Erbe und Auftrag für die Zukunft. Daher werde es auch 2020 eine Abstimmungsspende für Kärnten geben, um Projekte im zweisprachigen Gebiet zu unterstützen. Auch die Corona-Krise wird uns nicht aufhalten, den Weg der Versöhnung und des Dialogs weiterzugehen", so Raab. "Diesen Weg dürfen wir niemals mehr verlassen."
"Mit der Sprache sind wir"
Die österreichische Bundesregierung bekenne sich vollumfänglich zu Artikel 8 der Bundesverfassung, sagte Vizekanzler Werner Kogler. "Und dieser Artikel sieht den Erhalt und die Unterstützung der Volksgruppen zu. Nicht mehr und schon gar nicht weniger." Nach der Volksabstimmung habe es viele Wunden gegeben, doch die Anwesenheit von Sloweniens Präsident Borut Pahor zeige, dass sich vieles zum Besseren entwickelt hat. "Dafür danke ich Ihnen sehr", so Kogler zu Pahor. Das zweisprachige Zusammenleben werde von immer mehr Menschen als Vorteil gesehen und das sei gut so. "Mit der Sprache sind wir", so Kogler mit Verweis auf den aus Eisenkappel-Vellach/Železna Kapla-Bela stammenden Schriftsteller Florjan Lipuš.
Kleine, große Welt
"Ich bin stolz in diesem Land verwurzelt zu sein, für dieses Land arbeiten zu dürfen. Und ich bin allen dafür dankbar." Mit diesem Bekenntnis begann Landeshauptmann Peter Kaiser seine, teilweise auf Slowenisch gehaltene, Ansprache. In der verwies er auf die vielen Gemeinsamkeiten, ohne die schmerzhaften Erlebnisse unerwähnt zu lassen. Kärnten sei die kleine Welt, in der die große ihre Probe hält, so Kaiser frei nach dem deutschen Lyriker Friedrich Hebbel.
Der Weg zum Miteinander war ein langer, ein steiniger und ein blutiger. Dieses Leid, besonders jenes der slowenischen Volksgruppe, dürfe man nicht vergessen. "Daher ist es wichtig unsere Begegnungskultur weiter auszubauen. Das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen", sagte Kaiser.
Dank an Gerhard Dörfler
Auch er dankte, wie seine Vorredner, den Präsidenten Van der Bellen und Pahor für ihre Teilnahme. Ausdrücklich und namentlich bedankte sich Kaiser bei seinem Amtsvorgänger Gerhard Dörfler, der 2011 gemeinsam mit dem damaligen Staatssekretär Josef Ostermayer, mit der Lösung der Ortstafelfrage einen wesentlichen und entscheidenden Schritt zur Versöhnung getan habe.
Kärnten habe in der Vergangenheit viele Krisen gemeistert, Kärnten werde auch die Folgen der Corona-Pandemie meistern. "Kärnten ist ein Land zum Leben und ein Land zum Verlieben", sagte Kaiser. "Die Basis dafür würde vor 100 Jahren geschaffen. Dafür sage ich stellvertretend für viele Generationen "Danke."
"Das Glück liegt an der Seite der Mutigen"
"Klagenfurt ist heute symbolisch die Hauptstadt des vereinten Europas", sagte Sloweniens Präsident Borhut Pahor. Dazu hätten auch viele Kärntner Slowenen beigetragen, die sich vor 100 Jahren für den Verbleib bei Kärnten ausgesprochen haben. Friede, Miteinander, Respekt, Integration und Zusammenarbeit. Das seien Säulen des gemeinsamen Hauses Europa, an dem er mit "meinem Freund Alexander Van der Bellen" arbeite.
Eine friedliche und sichere Zukunft sei nur möglich, wenn man zusammenarbeite. So wie in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten. Und mit dem Beitritt Sloweniens zur EU begannen dann die Grenzen tatsächlich zu schwinden. "Wir leben in der besten aller Zeiten. Seit 75 Jahren leben wir in Frieden. Wir können die Vergangenheit nicht ändern, aber die Zukunft", sagte Pahor. "Das Glück liegt an der Seite der Mutigen."
"Entschuldige mich für erlittenes Unrecht"
Als Tiroler habe er die Geschichte Südtirols vor Augen, daher seien ihm Volksgruppenfragen eine Herzensangelegenheit, eröffnete Bundespräsident Alexander Van der Bellen seine Ansprache. "Kärnten ist ein ganz besonderes Land und die slowenischen Volksgruppe ist ein selbstverständlicher Teil Kärntens und Österreichs." Ohne sie wäre die Volksabstimmung vor 100 Jahren anders ausgegangen, so der Bundespräsident.
Leider habe sich Österreich nicht immer daran gehalten, sprachliche und kulturelle Vielfalt zu fördern. Vieles sei erst nach langem Drängen, spät, sehr spät erfolgt, so Van der Bellen. "Für das erlittene Unrecht und für die Versäumnisse bei der Umsetzung von verfassungsmäßig garantierten Rechten, möchte er sich hier und heute bei Angehörigen der slowenischen Volksgruppe entschuldigen", sagte der Bundespräsident.
Hymne zum Schluss
Mit der Bundeshymne, die Pahor, Van der Bellen und Kaiser im Landhaushof mitverfolgten, endete um 13 Uhr der große Festakt zum 100-Jahr-Jubiläum der Kärntner Volksabstimmung.