Die Coronakrise stellt für viele Menschen eine große Herausforderung dar. Das bekommen auch Familien zu spüren. Die Kinder sind daheim. Die Eltern arbeiten im Homeoffice, im schlimmsten Fall hat ein Elternteil seinen Job verloren. Wenn man dann auch noch auf engstem Raum zusammenlebt, birgt dies Konfliktpotenzial, das in Gewalt münden kann. In der aktuellen Krise rechnen Experten mit einem weiteren Anstieg von Gewalt in der Familie.
In den meisten Fällen sind es Männer, die gegenüber ihren Partnerinnen oder Kindern gewalttätig werden. Um diesen Männern zu helfen, wurde am Montag die österreichweite Männerberatungs-Hotline „maennerinfo.at - 0720-70 44 00 – Männerberatung bei Gewalt in der Familie“ ins Leben gerufen. Den Betroffenen soll geholfen werden, einen Weg aus der Gewalt zu finden. Die Hotline ist von Montag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr zum Ortstarif in ganz Österreich erreichbar.
Gewalt verhindern
„Wir möchten Männern die notwendige Unterstützung bieten, damit sie ihr Verhalten ändern und zu einem gewaltfreien Leben finden können“, sagt Initiator Alexander Haydn und Leiter der Gewaltarbeit in der Wiener Männerberatung. „maennerinfo.at" wird von spezialisierten Einrichtungen in ganz Österreich gemeinsam betrieben. Es gibt Partner-Organisationen in allen Bundesländern. Ziel sei es, das Gewaltverhalten von Männern zu beenden oder besser noch Gewalt zu verhindern, bevor sie entsteht. Männer, die fürchten, gewalttätig zu werden oder bereits geworden sind, bekommen unter der Rufnummer rasch und kompetent Unterstützung.
Nach dem Erstgespräch wird der Anrufer an die jeweilige Anti-Gewalt-Beratungsstelle in seinem Bundesland vermittelt – in Kärnten an die in Klagenfurt befindliche Männerberatung der Caritas oder an „Man(n)agement“, Verein zur Gewaltprävention. Karlheinz Weidinger leitet die Männerberatung der Caritas Kärnten seit 21 Jahren und ist ausgebildeter Gewaltberater. „Männer üben oft Gewalt gegen ihre Partnerinnen, Kinder oder andere Familienangehörige aus. Gewalt ist ein erlerntes Verhalten. Die Verantwortung dafür liegt beim Täter. Für ihn gilt, dass er dies in einem ersten Schritt erkennt und in einem weiteren bereit ist, an einer Veränderung zu arbeiten", sagt Weidinger. Die Männerberatung strebt parallel zur Arbeit mit dem Täter die Zusammenarbeit mit Opferschutz-Einrichtungen an. „Im Sinne der opferschutzorientierten Täterarbeit bemühen wir uns um Vernetzung und Austausch, um weitere Gewalt zu verhindern. Denn oberstes Ziel ist der Opferschutz", sagt Weidinger.
Rainer Tripolt ist Geschäftsführer von "Man(n)agement" und Leiter der Kriminalprävention im Landeskriminalamt. Hat hat die Zahl der gewalttätigen Männer seit der Coronakrise zugenommen? "Die Situation ist derzeit unauffällig. Die Betretungsverbote, die von der Polizei ausgesprochen werden, haben nicht zugenommen", sagt Tripolt. Dennoch heißt es wachsam zu sein. "Wir wissen nicht, wie sich die Situation entwickelt", sagt der Experte. Während die Caritas eine breite Palette an männerspezifischen Themen abdecke, würde liege der Fokus seines Vereins auf Gewalt in der Familie.