Serie: Die Spitzenkandidaten der Regierungsparteien im Wahlkampf. Teil 3/5

Drei Meter. Viel größer wird der Abstand nicht. Droht er es doch zu werden, dann werden die kleinen Schritte von Christian Benger richtig schnell. Laufschritt für die Wirtschaftsministerin. Benger weicht Margarete Schramböck an diesem Wahlkampftag in Kärnten nicht von der Seite. Nur ja kein Foto, kein Kameraschwenk ohne ihn mit drauf. Unternehmer, Touristiker, Start-ups kennen dieses Spiel seit dem Frühjahr 2014. Damals kam der Forstunternehmer Benger als Quereinsteiger in die Politik. Die Schützenhilfe aus Wien nimmt der Kärntner ÖVP-Chef gerne an. 

Betriebsbesuch bei Mahle in St. Michael ob Bleiburg
Betriebsbesuch bei Mahle in St. Michael ob Bleiburg © Erich Varh

Rundgang durch die Werkshallen des Filterherstellers Mahle in St. Michael ob Bleiburg. Mit gerunzelter Stirn und offenem Mund lauscht er den Ausführungen von Geschäftsführer Thomas Berg. Gemeinsame Pressekonferenz und das Versprechen, den Wirtschaftsraum Unterkärnten zu stärken. Benger dankt der „lieben Margarete“ und sagt: „Wir brauchen eine Digitalisierungsrevolution.“ Zum ersten, aber nicht zum letzten Mal an diesem Tag. Einem Mantra gleich wird Benger dieses und weitere Schlagworte wie „Reform und Erneuerung“ bei allen Stationen wiederholen.Stur bleibt der 55-Jährige, einst für eine Werbeagentur tätig, im Wahlkampf bei seiner „Message“. Benger redet nicht, er predigt richtiggehend, urteilen Beobachter. Bisweilen wirkt er zu sehr gecoacht in Rhetorik und Gestik. Als wichtigste Beraterin gilt seine Frau Christiane. Immer wieder eckte er als Nachfolger von Wolfgang Waldner als Landesrat in der Dreierkoalition mit Rot und Grün an. Die Verfassungsreform platzte beinahe wegen eines Passus zur slowenischen Volksgruppe. Benger ist heute „froh, dass wir klare Verhältnisse geschafft haben“.

"Geiler" Aschermittwoch

Zufriedenheit kenne er nicht, sagt Benger. Beliebtheitspreise gewinnt er auch in der eigenen Partei nicht, so mancher Auftritt sorgte für Kopfschütteln. Spitzenkandidat wurde er trotz Kritik. „Das war immer klar“, sagt er selbstbewusst und streicht den „Teamwahlkampf der Volkspartei“ hervor. Nein, „versteckt“ werde er nicht, betont er. „Unser Aschermittwoch mit Kanzler Sebastian Kurz in der Messehalle war schon geil.“ Nur selten fällt Benger aus seiner „Rolle“.

Auftritt vor Jungunternehmern in Pörtschach
Auftritt vor Jungunternehmern in Pörtschach © KLZ/Markus Traussnig

„Mit der Industrie hat er lange Zeit nicht so gut können. Erst in den letzten Monaten hat er die Bedeutung erkannt“, urteilt ein Wirtschaftskammer-Funktionär. „Er gewinnt auf dem zweiten Blick“, sagt ein Landesbeamter. Und eine Wirtschaftsbund-Funktionärin vermutet, „dass die Bauern unbedingt Benger haben wollten“. Es duftet nach Reindling im liebevoll eingerichteten Café Evi in Eberndorf. Die Junge Wirtschaft hat zum Brunch mit Schramböck und Benger geladen. Geredet wird über Breitbandausbau, Förderungen, die Möglichkeit eines IC-Bahnhofs für Kühnsdorf. „Wir buttern in anderen Bereichen zu viel Kohle raus“, sagt Benger und untermauert seine Forderung nach einer Infrastrukturmilliarde. Wo genau diese hinfließen soll, bleibt offen. „Wir wollen nicht das Florida Europas werden, wo die Brieftauben die Post bringen.“

Lob vom VP-Ortsgruppenobmann: „Benger kniet sich richtig rein. Und natürlich ist seit Sebastian Kurz die Stimmung besser.“ Eine Herstellerin von Naturprodukten funkt dazwischen. „Das ist ja eine schöne Plauderei mit netten Brötchen. Aber alles ist auf Technologie zugeschnitten“, schimpft sie. Benger erklärt, wie wichtig ihm kleine Unternehmen seien.

„A Schaumroll’n geht immer“, sagt die Chefin. „I nimm lieber den Reindling.“ Der ÖVP-Chef nutzt die Zeit zum Durchschnaufen. „Mir taugt der Wahlkampf. Bei den Menschen zu sein ist extrem motivierend.“ Trotz 16-Stunden-Tagen. Autofahrten zu Terminen sind für kurze Schlafeinheiten dienlich. „Ich kann mich zehn Minuten richtig wegbeamen.“

"Kärnten hat einen Rucksack zu tragen"

Ein Kärnten-Rucksack für die Ministerin
Ein Kärnten-Rucksack für die Ministerin © KLZ/Markus Traussnig

In dem neuen Co-Working-Space „See:Port“ in Pörtschach wird mit Start-ups gefachsimpelt, einige von ihnen präsentieren ihre innovativen Produkte. „Digitalisierung trifft uns alle“, sagt Benger. Und: „Wer nicht im Netz ist, ist nicht am Markt.“ Wenn das Know-how fehle, müsse man es schaffen – etwa mit einer digitalen Universität. Aber: „Geld werma nit so aufregend viel haben“, schränkt der Landesrat ein. Eine weitere Benger-Redundanz an diesem Tag: „Kärnten hat einen großen Rucksack zu tragen.“ Einen ebensolchen, gefüllt mit Genussland-Produkten, bekommt Schramböck überreicht. Die Ministerin verspricht Kärnten in Sachen Digitalisierung zu unterstützen. „Heute musst nur Start-up drunter schreiben, dann bekommst schon was“, ätzen zwei Unternehmer.Treffen mit Innenstadtkaufleuten in Villach. Zwei ÖVP-Wahlkampfhelfer berichten von ihren Erfahrungen. „Benger ist eigentlich kein großes Thema. Eher die Listenersten in den Wahlkreisen“, sagen die zwei jungen Männer. „Und viele fragen, ob die Koalition mit der FPÖ im Bund notwendig war.“ Benger spult sein gewohntes Programm ab. Vor allem der Handel stehe vor einer „digitalen Revolution“, postuliert er energisch in die Runde.

Der Nationalratsabgeordnete Peter Weidinger hält eine euphorische Wahlkampfrede. Der Villacher Spitzenkandidat Christian Poglitsch hebt das Glas. „Prost, Chefe!“ Benger nimmt einen Schluck Rosé und unterstreicht seine Rolle als Quereinsteiger. „Ich mache das freiwillig, bin Unternehmer und unabhängig. Deshalb habe ich diese Freiheit.“ Auf ein Wahlziel für den 4. März will er sich nicht festlegen, er rechnet jedoch mit einem „deutlichen Plus“. 2013 hatte die ÖVP 14,4 Prozent erreicht.