Richter Gernot Kugi ist fassunglos: "Arbeitet man so als Rechtsanwalt!?" Da hat der 58-jährige Angeklagte schon fast eine Stunde erklärt, wie er Geld von einem Konto aufs andere verschoben oder einen Vertrag wegen mündlicher Vereinbarungen ignoriert hat. 

Der Angeklagte war früher Anwalt. Dass er da nicht immer rechtens gehandelt hat, gibt er zu. Der Klagenfurter hat gestanden, in drei Fällen Klientengelder in die eigene Tasche gesteckt zu haben. Doch die Staatsanwaltschaft Klagenfurt wirft ihm noch mehr vor: Bei Bauprojekten habe er unter anderem zuviel Honorar kassiert und als Treuhänder seine Befugnisse nissbraucht. Insgesamt habe er einen Schaden von 725.000 Euro verursacht (inklusive der veruntreuten Klientengelder).

114.600 Euro in die eigene Tasche?

Donnerstagvormittag wird am Landesgericht vor allem über ein Bauprojekt des Behindertenvereins Lebenshilfe in Techelsberg gesprochen. Angeklagt ist auch ein 66-jähriger pensionierter Immobilienmakler. Er war sowohl Obmann der Lebenshilfe als auch de facto Geschäftsführer der Baufirma, die für das Projekt in Techelsberg beauftragt wurde.

Ihm wird vorgeworfen, bei dem Bauvorhaben 114.600 Euro in die eigene Tasche gesteckt zu haben. Der Pensionist bestreitet das am Donnerstag. Von der Summe seien das Honorar des ehemaligen Geschäftsführers der Baufirma und Baukosten beglichen worden. "Beim nächsten Termin bringe ich eine Liste mit den Ausgaben mit", sagt der Angeklagte. Wieder wundert sich Richter Kugi: "Warum kommen sie erst jetzt dazu. Sie wussten doch lange genug von der Verhandlung."

Auch sonst gibt sich der Pensionist ahnungslos. "Mit diesen juristischen Sachen habe ich mich nie befasst." Das habe alles der nunmehr angeklagte Anwalt erledigt.

"Dachte nicht, dass er Betrügereien begeht"

Der ist sich bei den Bauprojekten keiner Schuld bewusst. "Ich habe nur Weisungen durchgeführt", sagt der Ex-Anwalt. Eine sei etwa vom ebenfalls angeklagten Ex-Obmann der Lebenshilfe gekommen: Nämlich das Geld von der Lebenshilfe direkt an die Baufirma fließen könne. Ohne das etwa Baufortschritte nachgewiesen werden müssen. "Aber der Obmann war doch auch faktischer Geschäftsführer der Baufirma", wirft Richter Kugi ein. "Deswegen muss ich ja nicht davon ausgehen, dass er Betrügereien begeht", antwortet der Ex-Anwalt.

Der ehemalige Obmann der Lebenshilfe sieht bei sich auch keine Schuld. Alles sei im Vorstand der Lebenshilfe beschlossen worden. Er habe sich nie bereichert.

Beim Honorar für den Ex-Anwalt sind sich die beiden Angeklagten uneinig. Vereinbart gewesen seien 1,5 Prozent der Gesamtvertragssumme des Bauprojekts in Techelsberg. Die Gesamtsumme lag bei 1,3 Millionen Euro. Der ehemalige Anwalt behauptet es seien 3,5 Prozent gewesen.

Zu einem Urteil kam es trotz der stundenlangen Verhandlung am Donnerstag nicht. Das war aber klar gewesen. Der Megaprozess war schon zuvor von drei auf vier Verhandlungstage verlängert worden.