Auf den ersten Blick hat sich gar nicht so viel getan: Kärnten/Osttirol zählte im 2024er Guide 70 Haubenlokale, nun – für 2025 – sind es 71. Also „nur“ plus eins? Nein, ganz so einfach ist es nicht. Denn im neuen Gault&Millau, dem Platzhirsch unter den Restaurantführern, ist doch einiges passiert. Sieben Lokale sperrten zu oder verloren ihre Hauben, sie wurden aber durch neu „Behaubte“ ersetzt. Und: Es gibt, sogar in Zeiten wie diesen, einen Senkrechtstarter, der es im Lavanttal auf Anhieb von null auf drei Hauben schaffte.
Zuerst zu „In Zeiten wie diesen“: Dass die heimische Gastronomie mit Problemen zu kämpfen habe, betonen auch Martina und Karl Hohenlohe, Herausgeber des Guides, in ihrem Vorwort. Gestiegene Kosten bei Energie und Lebensmitteln, Fachkräftemangel und Preis-Leistungsdiskussionen seien brisant wie nie zuvor. Trotzdem erkenne man neue Trends. Etwa: „Brutal lokale Küche, alkoholfreie Menübegleitungen, Zero Waste und Kreislaufwirtschaft, Fermentation, interaktive Menüs und Essens-Inszenierungen. Und: Vegetarisch und vegan sind längst keine Nischenthemen mehr,“ schreiben die Hohenlohes.
Reiterhof Stückler sticht hervor
Das kulinarische Paar nennt auch einen Kärntner als Österreichs Newcomer des Jahres: Ralph Kollnitzer, Küchenchef im Reiterhof Stückler in St. Margarethen bei Wolfsberg, startet seine Gault&Millau-Karriere bei 3 Hauben und starken 16,5 Punkten, 17 wären schon vier Hauben! Der St. Veiter brillierte mit Weißwurstgyoza, Lauchkimchi, Huchen und Wels – und setzt auf zwei Konzepte. „Einerseits bodenständige Küche zu normalen Preisen und abends auch Gourmetmenüs“, erklärt der 29-Jährige, der bei Topköchen wie Hubert Wallner, Andreas Caminada, Vitus Winkler gearbeitet hat. Vor Hauben und Sternen hat er – Stichwort Schwellenangst – keine Angst: „Sie sind wichtig fürs Lokal und fürs Ego, je höher man bewertet ist, desto mehr vertrauen einem die Gäste.“
Egostreicheln ist auch bei anderen Köchen angesagt: Das Lilienberg in Tainach ist, nach einem Jahr Pause, mit Ex-Caramé-Koch Thomas Guggenberger wieder mit drei Hauben im Gault&Millau eingestiegen, allerdings verlassen Guggenberger und Team Mitte Dezember das Haus, ab März soll hier ein anderer Spitzenkoch übernehmen. Die Katschberger Gamskogelhütte mit Stefan Lastin und der Neusacherhof am Weissensee mit Küchenchef David Traun haben sich in der Topliga von 15,5 auf 16,5 Punkte gesteigert. In Osttirol ist dem La Rosa in Sillian ein Senkrechtstart gelungen: Küchenchef Stefan Königsberger darf sich über drei Hauben mit 15 Punkten freuen, sein – im Gault&Millau explizit erwähnter Co. Janik Webhofer – kocht mittlerweile nicht mehr im La Rosa.
Start mit zwei Hauben
Top gestartet mit zwei Hauben sind in Kärnten auch Andreas Katonas Der Mundschenk im Georgium am Längsee, das Lagana und das Antoan in Villach sowie das Hotel zum Weissensee. Das Soleo in Krumpendorf hat sich mit neuem Küchenchef, dem Italiener Marco DeSanctis, von 12 auf 14,5 Punkte, also auf zwei Hauben, gesteigert. In Osttirol ist der Gesser in Sillian mit 14 Punkten ein 2-Hauben-Newcomer.
Wenig hat sich im 1-Hauben-Bereich getan: Da ist in Kärnten die Alte Burg in Gmünd mit Christian Pirstnig der einzige Neueinsteiger. Mehr Neues gibt es zum Thema Ab- oder Ausstieg: Die Yacht in Velden ist von drei auf zwei Hauben gesunken, die Haubenrestaurants Monte Dinner Club Matrei, Burg Landskron, Lindenhof Feld am See, Enotega Villach, Frierss Feines Haus Villach, Metzgerwirt Radenthein (pensionsbedingt) und Okto Dining in Klagenfurt sind nicht mehr im Guide vertreten, Das Hobisch in Tultschnig hat zugesperrt.
Österreichweit hat sich an der Spitze nichts verändert. Acht Restaurants – in Wien, Salzburg, Ischgl, Golling und Werfen - halten bei 19 Punkten bzw. fünf Hauben. Insgesamt zählt Österreich 876 Haubenlokale. Im Januar 2025 kommen dann auch wieder Sternerestaurants dazu. Nach 15 Jahren der Absenz bekommt Österreich nun wieder einen eigenen Guide Michelin, dessen Sterne für viele Köche als Nonplusultra der Bewertungen leuchten.
Heinz Grötschnig