Radoje Zvicer ist einer der gefährlichsten Akteure der internationalen organisierten Kriminalität. Als Chef der berüchtigten „Kavač-Gruppe“, eines mächtigen montenegrinischen Clans, der auch in Österreich aktiv ist, wird er mit Drogenhandel, Auftragsmorden, Entführungen und Waffenhandel in Verbindung gebracht. Europaweit wird nach dem 42-Jährigen gesucht. Jetzt wurde er auch in Österreich offiziell zur Fahndung ausgeschrieben. „Er ist einer der meistgesuchten Verbrecher Europas“, sagt Jürgen Jevsnikar, Leiter des Büros für Organisierte Kriminalität im Bundeskriminalamt.
100 Kilogramm Kokain
Daniel Lichtenegger, Leiter des Büros zur Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität im Bundeskriminalamt, begründet in der TV-Sendung „Fahndung Österreich“, warum der Clan-Chef nun auf der Liste der meistgesuchten Personen Österreichs steht: „Zvicer steht im Verdacht, mindestens 100 Kilogramm Kokain in Österreich in Umlauf gebracht zu haben“. Laut Lichtenegger werden in Österreich jährlich zwischen zwei und fünf Milliarden Euro mit Drogenhandel umgesetzt. Außerdem werde gegen den Clan-Chef in Österreich wegen Mord- und Gewaltdelikten ermittelt. Er soll für mindestens 20 Morde in Europa verantwortlich sein.
Das Bundeskriminalamt warnt die Bevölkerung vor der Gefährlichkeit des Mannes, der auch bewaffnet sein könnte. Zvicer gilt als Meister der Verwandlung: 15 Decknamen sind bekannt und es ist davon auszugehen, dass er sein Äußeres immer wieder verändert. Zvicer entkam mehrfach nur knapp den Anschlägen seiner Rivalen. Zuletzt wurde er 2020 in der Ukraine schwer verletzt, als bewaffnete Männer versuchten, ihn zu töten.
Video vom Anschlag auf Zvicer in der Ukraine:
Zvicer überlebte – und verschwand erneut spurlos. Seine Spur führt Ermittler immer wieder nach Südamerika, wo er angeblich mit mächtigen Drogenkartellen kooperiert, um Kokainströme nach Europa zu lenken. Er wird aktuell im Ausland vermutet. Es sei aber nicht auszuschließen, dass er in Österreich untergetaucht ist und von hier aus die Fäden in der Organisation zieht, sagt Lichtenegger.
Blutige Fehde
Der Kavač-Clan steht im Zentrum eines brutalen Machtkampfes mit dem rivalisierenden Škaljari-Clan. Dieser Konflikt, der vor etwa zehn Jahren nach dem Diebstahl einer großen Kokainlieferung begann, hat sich zu einer blutigen Fehde entwickelt, die bis heute andauert. Höhepunkt war der sogenannte „Figlmüller-Mord“ im Jahr 2018. Ein Mitglied des Kavač-Clans wurde am hellichten Tag im Restaurant „Figlmüller“ mitten in Wien erschossen. Der Täter stammt aus dem gegnerischen Clan und ist seitdem flüchtig. In den letzten Jahren sind europaweit Hunderte von Menschen Opfer dieses brutalen Mafia-Kriegs geworden – nicht nur Bandenmitglieder, sondern auch unbeteiligte Zivilisten.