Anfang Oktober gingen 700 Kinder einer Schule in Kroatiens Hauptstadt Zagreb nicht mehr zum Unterricht. Grund für den Massenstreik war ein neunjähriger Bub, der kurz zuvor an die Grundschule wechselte. Der Schüler wurde versetzt, weil er seine Mitschüler permanent vulgär beschimpft, körperlich und sexuell belästigt haben soll. Zahlreiche Eltern meldeten ihre Kinder daraufhin von der Schule ab.

Mit der Versetzung an die neue Schule änderte sich das Verhalten des Buben nicht und sorgte auch hier bald für Probleme. Tagelang boykottierten besorgte Eltern den Unterricht, ließen ihre Kinder nicht in die Schule und forderten eine Lösung für den Buben und die Sicherheit der eigenen Kinder. Nach Tagen einigten sich Eltern, Pädagogen, die Bildungsdirektion von Zagreb sowie das Bildungsministerium Kroatiens auf eine Vorgehensweise. Der Bub sollte unter Aufsicht von mehreren Assistenzlehrern zurück an die Schule kommen. Ein externes psychologisches Gutachten sollte die bestmögliche Unterrichtsform für den Neunjährigen abklären.

Ministerium forderte neuen Beschluss

Die versprochene Lösung hat allerdings nicht gehalten, nachdem sich Ministerium und Bildungsdirektion im Nachhinein nicht einig wurden. Dnevnik.hr veröffentlichte ein Schreiben des Ministeriums an die Bildungsdirektion, das einen neuen Beschluss einforderte: „Da das verfügbare Wissen über die Funktionsweise des Schülers die Notwendigkeit zeigt, angemessene Bildungsbedingungen für den besagten Schüler sicherzustellen, bitten wir Sie, dringend eine neue Lösung zu verabschieden, um dem besagten Schüler eine angemessene Ausbildung und ein angemessenes Umfeld entsprechend seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten zu gewährleisten.“

Zweiter Streik

Nachdem die Eltern des Buben ein externes Gutachten und jede weitere Zusammenarbeit verweigerten kehrte der Bub am vergangenen Montag ohne die vereinbarte Begleitung und unangekündigt an die Schule zurück. Die erbosten anderen Eltern nahmen ihre Kinder erneut aus der Schule und fordern ihrerseits schriftliche Zusagen, dass die Rechte ihrer Kinder geschützt werden. „Jemand muss uns garantieren, dass dieses Kind für unsere Kinder, für die Klasse und für die gesamte Schule keine Gefahr darstellt. Bis jemand dafür bürgt, werden wir unsere Kinder nicht zur Schule schicken“, teilten die Elternvertreter laut 24sata.hr mit.

Direktor zurückgetreten

Daraufhin solidarisierte sich die Belegschaft der Schule mit den besorgten Eltern. Der Direktor der Schule trat zurück und die Lehrer stellten den Unterricht ein. Mit Transparenten vor der Schule forderten die Erziehungsberechtigten andere Schulen zur Solidarität und zum gemeinsamen Streik auf. Das Problem sei systemisch in Kroatien und kein Einzelfall, so ihre Begründung. Erneut versicherte der Bürgermeister von Zagreb, Tomislava Tomašević: „Wir werden von unserer Seite alles tun, damit eine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung gefunden wird.“

Seit Jahren keine Lösung

Dass den Eltern mittlerweile das Vertrauen in die verantwortlichen Stellen nicht unbegründet fehlen würde, belege laut Jutarnji.hr ein jahrelanger Schriftverkehr zwischen Eltern und Behörden. Laut den Unterlagen sei es bereits die dritte Schule an die der Bub versetzt wurde. Seit Jahren sei das Problem den Behörden bekannt. Auch das Jugend- und Sozialamt prüfe bereits seit zweieinhalb Jahren das häusliche Umfeld des Buben, bislang ohne konkrete Lösung. Der Direktor kehrte mittlerweile an die Schule zurück und Bildungsminister Radovan Fuchs entgegnete am Donnerstag gegenüber Medien entnervt: „Die Kinder werden wieder zur Schule gehen. Lassen Sie uns die Dinge regeln.“

Rücktrittsforderungen

Doch auch am Freitag gab es keine Einigung zwischen Elternvertretern und Behörden. Vielmehr verfassten die Eltern eine schriftliche Petition in der sie zahlreiche Verantwortliche, darunter Minister Fuchs und Zagrebs Bürgermeister Tomašević zum Rücktritt auffordern: „Seit 21. Oktober ist unsere gesamte Schule geeint und wir protestieren. Es wird keinen Unterricht geben, bis alle unsere Forderungen erfüllt sind. Jeder, der uns und unsere Kinder verspottet, angreift und sich einer sicheren und friedlichen Lösung für alle Schüler verweigert darf keine Führungspositionen einnehmen. Wir erhalten Unterstützung aus ganz Kroatien, weil in fast allen Schulen ähnliche Dinge passieren, aber sie werden verschwiegen.“

Auch am Montag blieben zahlreiche Schüler dem Unterricht fern und eine Lösung scheint weiterhin nicht näher gerückt.