Wie letzte Woche bekannt wurde, bleibt die Gruppengröße in Kärntens Kindergärten mit 24 Kindern erhalten und soll vorerst nicht weiter verkleinert werden. Die Absenkung – bis die Größe 2028 bei 20 Kindern gewesen wäre – wird ausgesetzt, damit Gemeinden sich höhere Kosten durch neue Gruppen und Zubauten ersparen. Überraschend hat sich die SPÖ-ÖVP-Koalition darauf geeinigt, dass das erst ein Jahr alte Gesetz in diesem Punkt nicht weiter umgesetzt, sondern bereits novelliert wird.

Dies sorgt bei vielen Betroffenen für „Frust, Wut und Ohnmacht“. Die Berufsgruppe der elementaren Bildungseinrichtungen Kärntens (BEBEK) wendet sich in einem Brief an die Öffentlichkeit und das Land Kärnten. Alle kleinen Schritte in Richtung qualitativer Verbesserung seien mit einem Schlag zunichtegemacht worden, schreiben die Pädagoginnen und Pädagogen. „Nach der von Kindern, Familien und Fachkräften lang ersehnten geplanten Senkung der Gruppengröße auf 20 Kinder wird jetzt schnell zurückgerudert.“

Höhere Interaktionsrate

In ihrem Brief führt die BEBEK Gründe auf, warum die Senkung der Gruppengröße aus ihrer Sicht unbedingt notwendig sei. Diese ermögliche eine „höhere Interaktionsqualität mit dem Einzelkind sowie eine individuelle Bildungsbegleitung“. Die Qualität der Bildungseinrichtung hänge „in hohem Maß vom Fachkraft-Kind-Schlüssel ab“.

Weiters sorge der Personalmangel für Überlastung der Fachkräfte. „Es ist frustrierend, trotz größter Motivation und Freude am Beruf aufgrund der viel zu großen Gruppengröße den einzelnen Kindern nicht gerecht werden zu können und selbst ans Limit getrieben zu werden.“

„Totschlagargument Geld“

„Es sei halt das Geld nicht da“, ist für die BEBEK ein „Totschlagargument“. Denn in welche Bereiche Geld investiert werde, sei eine „bewusst kalkulierte Entscheidung und wir haben die Nachricht hinter der Streichung erhalten: Der Elementarbereich ist vernachlässigenswert“. Diese kurz gedachte Sparmaßnahme werde langfristig negative Konsequenzen nach sich ziehen.

Zum Abschluss stellt die BEBEK in ihrem Brief klar, keine sofortige komplette Umsetzung der „wissenschaftlich empfehlenswerten Fachkraft-Kind-Relation“ zu erwarten, auch wenn diese langfristig anzustreben sei. „Aber wir raten eindringlich davon ab, die momentan geltende absolut inadäquate Gruppengröße beizubehalten und empfehlen, die Kinderanzahl in Kindergärten zumindest auf 20 zu reduzieren und in der Kindertagesstätte auf 12.“

Petition gestartet

Einen Schritt weiter gehen die Gewerkschaften GPA und Younion, die eine Petition gegen Aussetzung der Reduktion der Gruppengrößen in Kindergärten starten. „Die Maßnahme der schrittweisen Senkung der Gruppengröße stellt eine erhebliche Verbesserung sowohl für die Kinder als auch für die PädagogInnen dar. Eine Umfrage unter 434 Beschäftigten aus privaten und öffentlichen Kinderbildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen in Kärnten hat gezeigt, dass die Größe der Gruppe eine der Hauptbelastungen für die Beschäftigten darstellt“, sagt ÖGB Landesfrauenvorsitzende Silvia Igumnov.

Mit dem neuen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz sei ein Meilenstein nicht nur für die Pädagogen, sondern auch für die Kinder in Kärnten gelungen. „Daher ist es nun umso wichtiger, dass das beschlossene Gesetz in seiner jetzigen Form auch eingehalten wird und der Sparstift nicht bei den Beschäftigten und bei der Bildung unserer Kinder angesetzt wird“, so Igumnov. „Außerdem fordern wir die Verantwortlichen auf, mit uns als ArbeitnehmerInnen-Vertretung ins Gespräch zu treten“, sagt die Vorsitzende abschließend.

„Leere Versprechen treffen auf leere Inhalte“

Landessprecherin der Grünen, Olga Voglauer, zeigt sich verärgert über die anhaltende Debatte rund um Aufstellung der Kinderbetreuung in Kärnten. Mit dem Gesetz habe man den Versuch gestartet, ein flächendeckendes Angebot für qualitative Kinderbetreuung zu schaffen – wichtig für mehr Chancengleichheit unter den Kindern und wesentlicher Eckpfeiler in der Gleichstellungspolitik. „Mittlerweile muss man aber leider festhalten: Das Gesetz ist eine Nummer zu groß für Kärnten. Denn es treffen leere Versprechen auf leere Inhalte.“

Auch Margit Motschiunig, Stadtparteiobfrau der Grünen Klagenfurt, kritisiert: „Die SPÖ hat in einer Hauruck-Aktion vor der Landtagswahl zwar mit großen Worten und Zielen aufhorchen lassen, aber nicht einmal dafür gesorgt, dass die notwendigen Rahmenbedingungen auch nur annähernd gewährleistet werden können!“

Voglauer und Motschiunig halten unisono fest: „Die Landesregierung hat ein Gesetz verabschiedet, mit dem Wissen, es nicht finanzieren zu können. Konkrete Lösungsvorschläge für schwerwiegende Problemstellungen fehlen ebenso.“ Beide fordern: „Das Land hat Verantwortung zu übernehmen und Lösungskompetenz zu zeigen: Sich ein gutes Kinderbetreuungsangebot zu wünschen, reicht nämlich nicht aus.“

Antwort von Scherwitzl

Die SPÖ antwortet in Person von Andreas Scherwitzl, dritter Landtagspräsident und Bürgermeister von Magdalensberg, auf den offenen Brief. Inhaltlich teilt dieser die Vorhalte der BEBEK. „Leider hat sich die wirtschaftliche Situation unseres Landes - auf die Gründe dafür hier einzugehen, würde den Rahmen sprengen - in einem Ausmaß verschlechtert, dass es zu Einsparungsmaßnahmen in vielen Bereichen kommen muss“, schreibt Scherwitzl.

Man habe mit dieser Maßnahme darauf verzichten können, eine Reduktion des Öffnungszeitenbonus oder die Wiedereinführung von Elternbeiträgen zu veranlassen. „Leider klagen nach wie vor viele Träger darüber, dass sie nicht ausreichend Personal finden, was wiederum dazu führt, dass man häufig Ersatzmaßnahmen zur Aufrechterhaltung des Betriebs aufsichtsbehördlich bewilligen muss, was am Ende wohl auch nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Nach Abwägung aller Überlegungen haben wir letztlich den Kompromiss geschlossen, die Reduktion der Gruppengröße etwas hinaus zu schieben“, sagt Scherwitzl