Ein reicher Asylwerber, ein sehender Blinder und eine Tote, die noch lebt: Immer mehr Menschen täuschen und tarnen, um Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, Mindestsicherung oder Pflegegeld zu kassieren. Österreich kämpft derzeit gegen eine Welle von Sozialleistungsbetrug, die Rekordhöhen erreicht und den Staat sowie die Steuerzahler jährlich Millionen kostet. Auch in Kärnten steigt die Zahl der Fälle. Ein Kärntner ist es auch, der die österreichweite Task Force gegen Sozialleistungsbetrug (TF SOLBE) im Bundeskriminalamt leitet - Tatverdächtige ausforscht und deren dreiste Vorgangsweisen aufdeckt.

Zahl der Fälle steigt

„Sozialleistungen sind für Menschen in echten Notlagen gedacht und nicht für diejenigen, die sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichern. Dagegen gehen wir konsequent vor“, sagt Brigadier Bernhard Gaber, Leiter der Taskforce Sozialleistungsbetrug. Sein Team, zu dem auch der Steirer Werner Schlacher zählt – beide Ex-Ermittler der Soko Hypo – hat seit 2018 über 18.700 Betrugsfälle aufgedeckt und damit einen Gesamtschaden von mehr als 112 Millionen Euro verhindert. „2018, dem ersten Jahr der Taskforce, gab es 700 Anzeigen, 2023 schon über 4400“, sagt Gaber. Dieses Jahr erwartet das Team erneut einen Anstieg. Auch Kärnten verzeichnet eine Zunahme, wenn auch auf niedrigem Niveau: 2023 wurden 108 Straftaten angezeigt, 2018 waren es noch 40. Die Ermittler vermuten jedoch eine hohe Dunkelziffer.

Hoher Ausländeranteil

Ein Blick auf die Tatverdächtigen zeigt: Rund 70 Prozent sind Ausländer. Während 2017 die Anteile von Inländern und Ausländern noch ausgeglichen waren, dominiert seitdem der Anteil von Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft. Die größte Gruppe bildeten 2023 ukrainische Staatsangehörige gefolgt von afghanischen, syrischen und serbischen Staatsangehörigen.

Netzwerk gegen Betrug

Sozialleistungsbetrug wird zunehmend komplexer. Gabers Team arbeitet daher eng mit zahlreichen Institutionen wie Finanzamt, Finanzpolizei, Pensionsversicherungsanstalt, Krankenkassen, Arbeitsmarktservice sowie Gemeinden und Landesbehörden zusammen. Als zentrale Anlaufstelle für Polizei und Behörden erstellt die Task Force tägliche Lageberichte und analysiert kontinuierlich neue Betrugsmuster. Ein internationales Netzwerk mit über 80 Partnerstaaten, 25 Verbindungsbeamten in 34 Ländern und sechs Polizeikooperationszentren unterstützt diese Arbeit. „Der ständige Informationsaustausch ist entscheidend für unseren Erfolg“, betont Gaber.

Neben Ermittlungen führt die Task Force auch Schwerpunktkontrollen an Flughäfen durch, um nicht gemeldete Auslandsaufenthalte zu erkennen – einer der häufigsten Betrugsfälle. „Vor allem bei ukrainischen Staatsangehörigen häufen sich die Fälle, in denen Leistungen bezogen werden, obwohl sie längst wieder dauerhaft in ihrem Heimatland leben“, sagt Gaber.

Hinweise von Nachbarn

Sozialleistungsbetrüger fallen auch bei Routinekontrollen wie Verkehrskontrollen auf oder werden durch Hinweise von Nachbarn und Bekannten oder im Rahmen von Scheidungsverfahren entdeckt. „Jeder Fall, der transparent gemacht wird, dient der Prävention und wirkt abschreckend“, sagt Schlacher und appelliert an die Bevölkerung, Verdachtsfälle zu melden.

Ist die Arbeit der Task Force nicht ein Kampf gegen Windmühlen? „Jeder aufgeklärte Fall zählt. Wenn die Behörde unrechtmäßige Zahlungen stoppt, ist das ein Erfolg“, sagen die beiden Ermittler. Denn: Sozialleistungsbetrug ist ein Dauerdelikt - bleibt er unentdeckt, fließt das Geld weiter und belastet die Allgemeinheit.

Verdachtsfälle wegen Sozialleistungsbetrugs können in jeder Polizeidienststelle angezeigt werden.
Kontakt im Bundeskriminalamt: sozialleistungsbetrug@bmi.gv.at oder Meldestellen (bundeskriminalamt.at).

Hohe Strafen

Wer gegenüber einer Behörde vorsätzlich falsche Angaben macht, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen, macht sich des Betrugs strafbar (§ 146 ff STGB iVm 223 ff STGB). Für das Kriminalitätsfeld des Sozialleistungsbetrugs (nicht Sozialbetrug) ist laut dem Innenministerium der Begriff des Behördenbetrugs einschlägig. Unter diesem wurden sämtliche Fälle zusammengefasst, in denen sich Personen bei Verwaltungsbehörden oder Gerichten durch falsche Angaben Leistungen erschleichen. Sozialleistungsbetrug wird mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bedroht. Hinzu kommen Verwaltungsstrafen bis zu 4000 Euro