Dramatische Wende in den Ermittlungen zum Tod eines Soldaten (21) in Kärnten: Die Staatsanwaltschaft (StA) Klagenfurt ermittelt wegen Mordverdachts gegen einen ebenfalls 21-jährigen Kärntner, bestätigt Behördensprecherin Tina Frimmel-Hesse. „Wir werden noch am Donnerstag Untersuchungshaft beantragen.“
Wie berichtet, ist am Dienstagnachmittag in der Türk-Kaserne in Spittal aus der Dienstpistole (Glock 17) eines Wachsoldaten (21) ein Schuss abgefeuert worden und hat den anderen 21-Jährigen in den Oberkörper getroffen. Der Mann wurde lebensgefährlich verletzt ins Klinikum Klagenfurt geflogen, dort ist er kurze Zeit später jedoch leider verstorben.
Sachverständiger widerspricht
Der Schütze wurde festgenommen und seitdem von den Ermittlern befragt. Der 21-Jährige gibt an, dass sich aus seiner Pistole „irgendwie ein Schuss gelöst“ hat, angeblich als diese auf den Boden gefallen sei.
Doch diese Unfallvariante hat sich offenbar nicht bestätigen lassen. Die bisherigen Ermittlungen des Landeskriminalamtes und das erste Gutachten eines Sachverständigen für Schusswaffen hätten den Angaben des Wachsoldaten widersprochen, so Frimmel-Hesse: „So wie es der Mann schildert, kann es sich nicht zugetragen haben.“ Noch am Donnerstag wurde der 21-Jährige aus der Polizeiinspektion Spittal in die Justizanstalt Klagenfurt gebracht. Jetzt hat ein Haftrichter 48 Stunden Zeit, um über die Verhängung der U-Haft zu entscheiden.
Warum Pistole gezogen?
Die Ermittlungen gehen natürlich weiter: Man wartet auf das ausführliche Obduktionsergebnis. Laut einem Kurzbericht ist der 21-Jährige durch einen Schuss in die Brust gestorben. Wichtig wird auch eine genauere ballistische Untersuchung des Tathergangs sein. Ebenso wie Antworten auf die Frage, warum der Wachsoldat überhaupt seine Dienstpistole gezogen hat.
Zudem werde es weitere Befragungen geben, so Frimmel-Hesse. Allerdings gibt es keine direkten Zeugen der Tat. Die Videoaufnahmen am Kaserneneingang haben den Vorfall selbst nicht aufgezeichnet. Doch möglicherweise könnte ein Video aus dem Vorzimmer zur Wache, das es angeblich geben soll, Licht ins Dunkel bringen.
Donnerstagabend meldete sich gegenüber der APA auch der Verteidiger des 21-Jährigen, der Salzburger Rechtsanwalt Kurt Jelinek, zu Wort. Er spricht von einem „extrem tragischen Unfall“. Sein Mandant habe keinesfalls in „irgendeiner Tötungsabsicht“ gegen den 21-Jährigen gehandelt. Der beschuldigte Grundwehrdiener habe nach dem Schuss selbst unverzüglich die Rettung gerufen und zudem auch kein Motiv für eine solche Tat. „Es tut ihm unendlich leid“, so Jelinek.
Bewegende Trauerfeier
Donnerstagvormittag fand in der Stadt Spittal eine bewegende Trauerfeier für den verstorbenen 21-Jährigen statt. Mehr als 100 Menschen fanden sich vor einem Gebetshaus ein, um gemeinsam zu beten. Die Familie des Getöteten stammt aus der türkischen Provinz Yozgat.
Beide Soldaten – Opfer und Schütze – stammen aus dem Bezirk Spittal. Sie sind am 6. Mai dieses Jahres zu ihrem Grundwehrdienst in die Türk-Kaserne eingerückt. Der 21-Jährige absolvierte eine Ausbildung zum Wachsoldaten und ist seit Juli im Dienstrad, so Michael Bauer, Sprecher des Verteidigungsministeriums. Das heißt: 24 Stunden Dienst, danach zwei Tage frei.
Die Aufgabe eines Wachsoldaten ist es, jeden zu kontrollieren, der die Kaserne betreten will, erklärt Bauer. Von den Personen, die die Heeresanlage verlassen wollen, werden vor allem jene überprüft, die ein Ausgangsverbot haben.
Glock 17
Bewaffnet war der Wachsoldat mit einer Pistole Glock 17. Diese wird vor Dienstantritt, unter Aufsicht eines zweiten Soldaten, an einem eigens vorgesehenen Platz und in einer mit Sand gefüllten Holzbox geladen. Erst danach kommt sie in den Holster. Dort und auf dieselbe Weise wird sie nach dem Dienst entladen. „Sollte sich dabei, aus welchen Gründen auch immer, ein Schuss lösen, geht er in den Sand und gefährdet niemanden“, sagt Bauer.
Während des Dienstes ist die Glock 17 geladen im Holster und durch diesen vor einer unbeabsichtigten Schussabgabe geschützt. Gezogen werden darf die Waffe nur in einem klaren Bedrohungsszenario. Solange die Waffe nicht gezogen und der Abzug nicht betätigt wird, kann sich praktisch kein Schuss lösen. Das gilt auch für den Fall, dass die Glock 17-Pistole auf den Boden fällt. Eine Art Aufprallsicherung soll das verhindern.
„Man kann nichts ausschließen“
Natürlich könne man nichts ausschließen, so Bauer. Ihm sei jedoch kein Fall bekannt, wo sich unter den zuvor beschriebenen Umständen, versehentlich ein Schuss aus einer Glock 17 gelöst habe. „Aber ausschließen kann und will ich nichts. Was genau passiert ist, klären Experten“, sagt Bauer. Die sind jetzt zum Schluss gekommen, dass die Schussabgabe kein zufälliges Unglück gewesen ist, sodass die StA die U-Haft beantragt hat.
Für den 21-Jährigen gilt die Unschuldsvermutung.