Seit 2011 wird in Österreich auf jenen Tag aufmerksam gemacht, ab dem Frauen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen „gratis“ arbeiten: den Equal Pay Day. Obwohl die Interessensvertreter seit Jahren politische Maßnahmen fordern, um für Gleichberechtigung zu sorgen, hat sich dieser Tag in den vergangenen 13 Jahren nur um vier Wochen nach hinten verschoben. Jetzt, anlässlich des Equal Pay Day, der am 1. November in Österreich bevorsteht - in der Steiermark und Kärnten sogar noch früher, nämlich am 25. beziehungsweise 30. Oktober - präsentierte die Arbeiterkammer erschütternde Zahlen.

„In Österreich beträgt der Gender Pay Gap 18,4 Prozent. 6,13 Prozent davon sind laut einer Studie der Statistik Austria statistisch erklärbar, 12,27 Prozent nicht, dabei handelt es sich vermutlich um Lohndiskriminierung“, sagt Eva-Maria Burger, Leiterin der Abteilung Frauen und Familien bei der Arbeiterkammer Österreich. Zu den erklärbaren Gehaltsunterschieden zählen unterschiedliche Branchen, Positionen im Unternehmen, Regionen oder die Dauer der Beschäftigung im Unternehmen. Und dabei werden für den Vergleich nicht Teilzeit-, sondern immer Vollzeitgehälter herangezogen. Österreich liegt damit seit Jahren am vorletzten Platz in der gesamten EU.

Eva-Maria Burger, Leiterin der Abteilung Frauen und Familien bei der Arbeiterkammer Österreich
Eva-Maria Burger, Leiterin der Abteilung Frauen und Familien bei der Arbeiterkammer Österreich © Lisi Specht/AK Wien

Mehr Lohntransparenz gefordert

Nun hoffen die Interessensvertreter, dass eine neue EU-Richtlinie dabei hilft, diese Lohndiskriminierung einzudämmen. Diese Richtlinie, die seit Mai 2023 in Kraft ist, schreibt sämtlichen EU-Ländern Lohntransparenz vor. Das bedeutet, dass künftig Unternehmen ab 100 Mitarbeitern gegenüber einer neu einzurichtenden Monitoringstelle ihre Löhne offenlegen müssen. Die Stelle wiederum ist verpflichtet, der EU darüber Bericht zu erstatten.

Hält sich ein Unternehmen nicht daran, sei es mit wirksamen und abschreckenden Sanktionen zu belegen. In der EU-Richtlinie ist etwa von Jahresumsatz-abhängigen Geldbußen die Rede. Dadurch hätten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Möglichkeit, einzusehen, wie viel Gehalt man für einen bestimmten Job in einer bestimmten Region und Position im Schnitt erhalte und könne so vergleichen, ob einzelne Unternehmen faire Löhne auszahlen. Die Löhne einzelner Mitarbeiter würden dabei nicht offengelegt, erklärt Brugger, die aber auch Wettbewerbsvorteile für Unternehmen sieht, die faire Löhne zahlen und somit gute Mitarbeiter ins Boot holen können.

Die Interessensvertreter fordern von der neuen Bundesregierung, die Umsetzung der Richtlinie und die Einrichtung der Monitoringstelle prioritär zu behandeln. Umzusetzen ist die Richtlinie bis spätestens Juni 2026. „Sogar im Familien- und Freundeskreis rufen Fragen nach dem Gehalt oft betretenes Schweigen hervor. In Arbeitsverträgen gibt es dazu manchmal sogar Verschwiegenheitsklauseln, sagt Susanne Prisching, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaften in Kärnten und der Steiermark. Dem würde die neue Richtlinie ein Ende bereiten.

Susanne Prischnig, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaften Kärnten und Steiermark
Susanne Prischnig, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaften Kärnten und Steiermark © Weichselbraun Helmuth

Unbezahlte Care-Arbeit

Auch Kärntens ÖGB-Landesfrauenvorsitzende Silvia Igumnov pocht darauf, dass die Richtlinie rasch umgesetzt wird. Damit der Equal Pay Day aber irgendwann einmal am 31. Dezember stattfindet und auch die erklärbare Lohnschere kleiner wird, fordert sie bessere Rahmenbedingungen für Frauen am Arbeitsmarkt: „Denn die Gehaltsschere wirkt sich auch auf die Pensionen aus, was dazu führt, dass viele Frauen unter Altersarmut leiden.“

Kärntens ÖGB Frauenvorsitzende Silvia Igumnov
Kärntens ÖGB Frauenvorsitzende Silvia Igumnov © Markus Traussnig

Positives habe man erreicht, etwa wenn es darum geht, in Branchen, in denen viele Frauen arbeiten und in denen die Gehälter niedriger sind, Besserung herbeizuführen, wie durch die Erhöhung der Gehälter für Elementarpädagoginnen und -pädagogen im Kärntner Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz. Dennoch bestehe hier noch großer Aufholbedarf, sagt Igumnov: „Es gibt nach wie vor Branchen, in denen laut Kollektivvertrag nicht einmal ein Mindestgehalt von 2000 Euro für Vollzeitarbeit bezahlt wird.“

Besonders ärgert sie sich über Aussagen wie „Dann sollen die Frauen eben in anderen Branchen arbeiten“: „Da frage ich: Wer soll dann diese Arbeiten abdecken?“ Ebenso unverständlich ist für sie die Kritik, dass Frauen ja öfter in Teilzeit arbeiten würden: „Das macht mich richtig grantig. Viele haben gar keine andere Möglichkeit, weil sie Kinder betreuen oder ihre kranke Mutter pflegen müssen, weil die Betreuungs- und Pflegeangebote nicht ausreichend oder gar vorhanden sind.“ Daher kämpfe man in diesen Bereichen immer wieder für bessere Rahmenbedingungen.