Schweres Geschütz fahren deutsche Soldaten und das Jagdkommando des österreichischen Bundesheeres gegen eine Kärntnerin (68) auf: „Was diese angeblich erfahrene Jägerin getan hat, war unverantwortlich und extrem gefährlich“, sagt ein Sprecher des Jagdkommandos. „Wir wollen, dass gegen die Frau weiter ermittelt wird.“ Ein entsprechender Antrag an die Staatsanwaltschaft (StA) sei aus Deutschland nach Klagenfurt unterwegs.

„Dachte, es sind Terroristen“

Was war passiert? Vor einem Monat übte das Bundesheer mit deutschen Soldaten im Bezirk St. Veit. Am Abend des 6. September kam es in einem Wald bei Friesach zu einem Zwischenfall: Die 68-Jährige war auf der Jagd und auf einem Hochstand, als sie gegen 21.30 Uhr vier Soldaten sah, die zu Fuß unterwegs waren. Weil diese, so die Jägerin in einem späteren Interview mit der Kleinen Zeitung, auf ihre Zurufe nicht reagiert hätten, hat die Frau einen Warnschuss über die Köpfe der Soldaten abgefeuert. „Ich wurde über diese Übung nicht informiert und habe gedacht, es sind Terroristen“, so die Frau.

Der Tatort - Hochstand und geparktes Auto - in einer Darstellung des Jagdkommandos
Der Tatort - Hochstand und geparktes Auto - in einer Darstellung des Jagdkommandos © ÖBH, Jagdkommando

Es folgten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der gefährlichen Drohung. Die Ermittlungen wurden aber eingestellt, weil die 68-Jährige „irrtümlich einen Sachverhalt angenommen hat, der Rechtswidrigkeit der Tat ausschließen konnte“, so StA-Sprecher Markus Kitz. Und weil es keine „fahrlässige gefährliche Drohung“ gibt, war das Ermittlungsverfahren einzustellen.

„Frau war hochgradig aggressiv“

Die Soldaten widersprechen der Darstellung der Kärntnerin vehement. „Die Frau war keinesfalls verängstigt, sondern hochgradig aggressiv“, heißt es in einer Stellungnahme. Die Jägerin habe die Soldaten vor der Schussabgabe nicht angesprochen, sondern den Warnschuss sofort abgefeuert, nachdem die vier Deutschen ihr Fahrzeug verlassen hatten. „Der Wagen hatte ein deutsches Wappen auf dem Kennzeichen und die Aufschrift Deutsche Bundeswehr“, sagt der Jagdkommando-Sprecher. „Das Auto stand auch nicht im finsteren Wald, sondern an der Kreuzung zweier asphaltierter, öffentlicher Wege.“

Zudem hatte die Frau, so ein deutscher Soldat in seiner Aussage vor der Polizei, nach dem Schuss weiterhin ihr Gewehr auf ihn gerichtet. Nur mit Mühe sei es den beiden inzwischen verständigten österreichischen Übungsleitern gelungen, die Situation zu deeskalieren.

„Nichts an der Situation rechtfertigt einen unangekündigten Schuss ins Blaue. Noch dazu ohne Kugelfang. Das ist absolut unverantwortlich“, so der Bundesheersoldat, der selbst Jäger ist. Dass die Deutschen erst einen Monat nach dem Zwischenfall reagieren, habe damit zu tun, dass die schriftliche Mitteilung über die Verfahrenseinstellung erst vor wenigen Tagen bei ihnen eingetroffen ist.

Jägerin bleibt bei ihrer Version

Die 68-Jährige will zu den jetzt aufgetauchten Vorwürfen nichts sagen und bleibt bei ihren ursprünglichen Darstellungen: „Ich war nicht aggressiv, sondern habe genau überlegt, was ich tue. Lassen wir die Ermittler entscheiden.“

Die Staatsanwaltschaft wird, sobald ein Antrag eingelangt ist, prüfen, ob das Verfahren fortgeführt wird. Etwa weil die Argumente überzeugend sind bzw. neue Beweismittel hervorgekommen sind, so Kitz. Wenn nicht, wird der Akt dem Landesgericht Klagenfurt vorgelegt, wo ein Drei-Richter-Senat entscheidet, wie es in dem Fall weitergeht.