Eine Weltmeisterin, die in fünf Disziplinen antritt, drei neue Weltrekorde aufstellt und sechs Medaillen – darunter drei goldene – nach Hause bringt, ist eine echte Weltsensation. Noch dazu, wenn sie mit 20 Jahren das „Küken“ unter den WM-Teilnehmern ist und in einer Männerdomäne antritt, dem Forstwettkampf. Carina Modl aus Feld am See hat es geschafft und bei der Forst-WM auf der Wiener Donauinsel mit neuen Weltrekorden im Kombinationsschnitt, im Entasten und in der Einzelgesamtwertung alle bisherigen Ergebnisse in den Schatten gestellt. „Anfangs wollte man nicht glauben, dass ich antrete. Man hat mich angeschaut, als hätte ich mich verirrt“, erinnert sich die Gartenbau-Facharbeiterin, die vor der Ausbildung im Bildungszentrum Ehrental die landwirtschaftliche Fachschule Litzlhof besucht und dort den Freigegenstand Motorsägen gewählt hatte.
Weil sie im letzten Jahr als Schülerin bei der Waldolympiade, den Staats- und den Europameisterschaften den ersten Platz belegte, erhielt sie eine Wildcard für den Nationalkader. Übrigens holte sie im Teambewerb gemeinsam mit ihrer Schwester Julia und Cousine Stefanie auch den Staatsmeister- und Europameistertitel. Um sich für den einzigen Frauen-Platz im WM-Nationalteam zu qualifizieren, musste Carina, die ihr Zuhause auf einem Bergbauernhof mit Sägewerk und Zimmerei hat, bei sieben Bewerben in zwei Tagen die meisten Punkte erzielen. „So kam ich von den Schülern direkt zu den Profis. Das war sehr ungewöhnlich“.
Kettenwechsel in 12 Sekunden
Unglaublich viel Übungszeit hat die Weltmeisterin neben ihrer Arbeit in einer Gärtnerei aufgebracht. 6000 Male hat sie die Kette gewechselt, um das Manöver in 12 Sekunden bewerkstelligen zu können. Für das Entasten von 30 Ästen brauchte sie nur 25 Sekunden. Gold errang sie auch im Kombinationsschnitt, den sie in 28 Sekunden bewältigte. Dabei setzt man die Säge unten am Stamm an und schneidet möglichst im rechten Winkel bis zur Stammmitte. Danach wird die Säge von oben angesetzt und die beiden Schnitte sollen sich treffen. „Das ist eine große Kopf- und Augensache, man muss auch die richtige Körperspannung haben“. Beim Präzisionsschnitt muss man von einem auf einer Platte liegenden Stamm eine Scheibe abschneiden, ohne in die von Sägespänen bedeckte Platte zu schneiden. „Dabei liege ich auf dem Boden und schneide mit der Säge drei Zentimeter vor meinem Gesicht“. In dieser Disziplin holte die Weltmeisterin Silber, im Mastenfällen Bronze.
Das Wissen und Können wird ebenso wie der Weltmeistertitel allerdings mit keinem Cent belohnt, außer Ehre gibt es nichts zu gewinnen. Auf die Frage, warum sie das mache, antwortet Carina Modl: „Die Motivation ist die Challenge. Man wächst immer weiter über sich hinaus“. Man wolle sich selbst übertreffen, sehen, wozu man fähig sei.
Phönix aus der Asche
Den Sieg hat Carina ihrer geliebten Mama gewidmet, die vor zehn Jahren viel zu früh nach schwerer Krankheit verstarb. Damals war das kleinste der drei Geschwisterchen erst ein Jahr alt. „Wir dachten damals, wie sollen wir je wieder leben?“, schildert Carina Modl. „Ich habe mich entschieden, die Hoffnung nicht aufzugeben und weiterzumachen“. Als sie am WM-Siegerstockerl stand, habe sie das Gefühl gehabt, wie ein Phönix aus der Asche gestiegen zu sein. „Der Weg zur Weltmeisterin hat mich viele Tränen gekostet. Aber er hat sich gelohnt“.