Es war ein waghalsiges Abenteuer und eine Pionierleistung. Vor exakt 90 Jahren, am 22. September 1934 fand die erste Alpenüberquerung auf der noch unfertigen Großglockner Hochalpenstraße statt. Erstmals gelang es das Bergmassiv der Hohen Tauern mit einem Automobil zu überqueren. Am Steuer saß der damalige Landeshauptmann von Salzburg und politische Wegbereiter Franz Rehrl († 1947). Begleitet wurde er von Franz Wallack († 1966), dem Planer und Erbauer der Hochalpenstraße. Autoliebhaber Rehrl erkannte früh die touristische Bedeutung der Verbindung von Hochkultur und alpiner Naturschönheit: Über die Großglockner Hochalpenstraße sollte man die atemberaubende Bergwelt erleben können.

Skepsis

Wallack stand diesem Vorhaben zunächst skeptisch gegenüber, da zu diesem Zeitpunkt am Mittertörltunnel gerade einmal ein Fußweg aus dem Fels gesprengt worden war. Doch unter Hochdruck wurde an der Befahrbarkeit der Straße gearbeitet. In seinen Memoiren hielt Wallack augenzwinkernd fest: „Er soll nur kommen, und wenn irgendwo nicht alles klappt, dann werden wir die Kiste tragen – sofern sie nicht zu schwer ist.“

Mit dem „Steyr 100“ über Stock und Stein

Da die „Straße“ zu dieser Zeit noch weitgehend aus grobem Untergrund bestand, ließ er seinen eigenen „Steyr 100“ für die bevorstehende Erstbefahrung umbauen. Ein glücklicher Zufall war die Breite des Fahrzeugs: Mit nur 1,58 Metern passte es gerade so durch die engste Stelle der Straße, die lediglich 1,65 Meter maß – gerade einmal sieben Zentimeter Spielraum. Die halsbrecherische, aber äußerst werbewirksame Fahrt dauerte knapp sieben Stunden. Weniger als ein Jahr später, am 3. August 1935, wurde die Großglockner Hochalpenstraße offiziell für den Publikumsverkehr eröffnet.

© Graessl Bernhard/grossglockner.at

Bedeutung der Erstbefahrung

Die Erstbefahrung war ein symbolisches Ereignis, aber sie bewies, dass die Vision einer modernen Alpenstraße Realität werden konnte. Gleichzeitig war sie ein Test für die politischen und touristischen Ziele des Projekts. Die Straße sollte den Tourismus fördern und gleichzeitig ein nationales Prestigeprojekt darstellen, das den Fortschritt Österreichs in der Motorisierung, in der touristischen Erschließung des Hochgebirges und im Straßenbau verdeutlichen sollte.

1934 war eine äußerst turbulente Zeit in Österreich, und solche Projekte hatten oft auch eine politische und wirtschaftliche Dimension. Der Bau der Großglockner Hochalpenstraße galt jedenfalls als bedeutendes Symbol für den Wiederaufbau und die wirtschaftliche Erholung nach den Krisenjahren der 1920er und frühen 1930er Jahre.

Nachwirkungen und Vollendung

Der Traum einer alpinen Verbindung zwischen Salzburg und Kärnten war Wirklichkeit geworden. Die Großglockner Hochalpenstraße hat sich seither zu einer der bekanntesten Touristenattraktionen in Österreich und Panoramastraßen der Welt entwickelt und symbolisiert den Triumph der Technik über die Herausforderungen der Natur im alpinen Raum.