Oliver Vitouch, scheidender Rektor der Uni Klagenfurt, lässt mit gewohnt scharfen Worten aufhorchen: Ein beispielloses Ausmaß an „Scheinheiligkeit und Doppelzüngigkeit“ ortet der Präsident der Universitätenkonferenz, angesichts vieler politischer Reaktionen auf das aktuelle Hochwasser und den Einfluss des menschengemachten Klimawandels. Das institutionalisierte Wegschieben von Verantwortung sei mittlerweile eine „bittere Verhöhnung der Bürgerinnen und Bürger“, so Vitouch zur APA.
Rektor sieht „Realsatire“
Das Ausmaß an Leugnung des Klimawandels und seiner Auswirkungen auf immer größere Bereiche des Lebens sowie die „Kriminalisierung“ von Menschen, die darauf aufmerksam machen, seitens politischer Kräfte etwa aus der FPÖ oder ÖVP, lasse ihn an eine „Realsatire“ denken. Es scheint, als würden hier „die Gesetze der Logik außer Kraft gesetzt“, sagte der Rektor der Universität Klagenfurt: „Das ist Realitätsverleugnung, wie sie bei (George, Anm.) Orwell im Buche steht.“
Die FPÖ leugne den menschengemachten Klimawandel „einfach zur Gänze. Der Bundeskanzler beruft einen “Verbrennergipfel‘ ein - das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Gleichzeitig ist dann Heulen und Zähneknirschen bei der jetzigen Flutkatastrophe. Man schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und sagt: So etwas war ja noch nie da. Damit hat ja keiner rechnen können“, so Vitouch.
Wissenschaft in Rolle der „Kassandra“
Die Wissenschaft sei seit Jahrzehnten in der Rolle der Kassandra, „die die Dinge, die da kommen, klar sieht und mittlerweile ziemlich präzise vorhersagt“. Gleichzeitig werde sie wie in der griechischen Mythologie jedoch vielfach nicht gehört: „Das erzeugt eigentlich erlernte Hilflosigkeit, wie man als Psychologe sagen würde.“
Offenbar müsse die Wissenschaft noch entschiedener auftreten, denn es brauche Maßnahmen auf „kurzfristiger, mittel- und langfristiger Ebene“ - und nicht einfach nur mehr Hochwasserschutz, wie es etwa Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in den Raum gestellt hat. Vitouch: „Man muss die Augen öffnen, sich die Dimension des Problems vor Augen halten und nicht nur Symptombekämpfung betreiben.“
Letztlich greife auch das Argument nicht, dass einem „Naturschutz“ politisch irgendwie suspekt ist: „Es geht um Menschenschutz. Es geht nicht um Froschstreichler und Baumliebhaber. Es geht um den menschlichen Lebensraum in Stadt und Land.“