„Ich bin weder schießwütig noch dumm. Ich habe genau überlegt, was ich tue.“ Jene Jägerin, die in der Vorwoche in einem Wald auf übende deutsche Elitesoldaten getroffen ist und einen Warnschuss abgegeben hat, nimmt jetzt erstmals öffentlich zu dem Vorfall Stellung. Die Schilderungen der 68-Jährigen zeichnen ein anderes Bild als das bisher bekannte. „Keiner hat mich über diese Übung informiert. Hätte ich etwas gewusst, wäre ich nicht in den Wald gegangen. Und niemand mit dem ich danach gesprochen habe, wusste etwas von dieser Übung. Nicht einmal die Polizei.“

„Jage seit 40 Jahren“

Weil sie davon nichts wusste, ist die erfahrene Jägerin – „ich jage seit 40 Jahren, ohne einen Zwischenfall“ – am vergangenen Freitag gegen 19.30 Uhr in ihr Jagdrevier bei Friesach gefahren. „Bei uns gibt’s eine Wildschweinplage. Wir wurden aufgefordert, Tag und Nacht zu sitzen“, sagt die Frau. Auf der Fahrt ist ein grüner Geländewagen an ihr vorbeigefahren. Ein Puch G, mit weißen Kennzeichen, in dem Männer in grüner Kleidung saßen. „Ich dachte mir, Jagdgäste aus dem Osten. Nie hätte ich vermutet, dass das österreichische oder deutsche Soldaten sind.“

Gegen 20 Uhr kam sie am Hochsitz an und stieg hinauf. Kurze Zeit später fuhr der Jeep „im Schleichtempo“ auf einem nahen Weg erneut vorbei, wendete und fuhr einen Berg hinauf. Nach 15 Minuten kam das Auto retour und blieb zehn Meter entfernt vom Hochsitz stehen. „Zuerst ist der Fahrer ausgestiegen und hat alles abgeleuchtet, dann weitere drei Männer. Alle trugen Tarnkleidung, ohne militärische Kennzeichnungen“, sagt die Jägerin. „Sie sind hypernervös herumgehüpft, als ob sie etwas gesucht haben.“

„Hallo, wer seid ihr?“

Als sich zwei der Männer dem Zaun zu ihrem Grundstück, das ans Jagdrevier grenzt, näherten, hat die Frau über Notruf die Polizei alarmiert und die Unbekannten vom Hochsitz herab angesprochen. „Hallo, wer seid ihr? Was tut ihr da? Gehts von meinem Grundstück weg.“ Es kam keine Reaktion, so die 68-Jährige. „Ich habe ihre Pistolen gesehen und die Sturmgewehre im Auto.“ Als einer der Männer zum Geländewagen ging und ein Nachtsichtgerät geholt hat, habe sie erstmals etwas Angst bekommen: „Jetzt wird er mich entdecken. Ich dachte, das sind Terroristen oder Kriminelle.“

Nachdem sie die Männer erneut angesprochen hat, und wieder keine Antwort bekam, hat sie einen Warnschuss abgefeuert. „In die Luft und natürlich nicht in Richtung der Soldaten. Ich bin nicht verrückt. Ich habe ja erkannt, dass das Menschen sind.“ Ihr Gewehr habe sie sofort wieder gesichert.

Waffenverbot aufgehoben

Nachdem die Polizei eingetroffen ist, und sie vom Hochsitz heruntergestiegen ist, seien die vier Männer – deutsche Elitesoldaten, wie sie später erfahren hat – weg gewesen. „Stattdessen waren zwei Soldaten des Bundesheeres da“, sagt die Jägerin.

Die 68-Jährige musste ihre Waffen abgeben – allerdings nur für kurze Zeit. Das gegen sie verhängte Waffenverbot wurde von der Bezirkshauptmannschaft bereits wieder aufgehoben.

„War in Gefahr“

Mit einigen Tagen Abstand sieht sich die Jägerin „als Sündenbock“. Im Wald habe sie „nur deshalb einen Warnschuss in die Luft abgefeuert, weil ich der festen Überzeugung war, ich bin in Gefahr“, sagt die Frau. „Das sind fremde, bewaffnete Männer, die sich nicht als Soldaten zu erkennen geben in meinem Jagdrevier, an meinem Grundstück und ich wurde nicht informiert. Das kann doch nicht sein.“

Die Polizei ermittelt gegen die 68-Jährige wegen des Verdachts der gefährlichen Drohung. Für sie gilt die Unschuldsvermutung.