Nach der Forderung eines Smartphone-Verbots in Schulen von Public-Health-Experte Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien gehen die Wogen hoch.
Einer, der sich klar gegen Hutters Vorstoß stellt, ist der Vorsitzende der Personalvertretung der Pflichtschullehrer Kärnten, Stefan Sandrieser: „Bei dieser Thematik halte ich rein gar nichts von Verboten. Die Schule soll die Kinder und Jugendlichen auf das Leben vorbereiten, dementsprechend macht sogar das aktive Einbauen von Smartphones im Unterricht Sinn.“ In der Gegenwart sei das Smartphone bereits in vielen Berufsfeldern unabdingbar, ersetzte etwa auch bei ihm den Standcomputer. „Daher wäre es geradezu absurd, Smartphones aus dem Schulalltag zu verbannen.“
Sandrieser: „Smartphone aktiv einbauen“
Man dürfe dabei aber, so der Gewerkschafter, die Augen nicht vor der Realität verschließen: „Natürlich stellt das unkontrollierte Benutzen von Smartphones im Unterricht auch ein Problem dar. Es braucht ganz klare Regeln über Verwendungszeiten und -gründe.“ Vorstellen könne er sich etwa temporäre Phasen im Schulalltag, in denen die Handys beispielsweise in sogenannten Handygarragen „geparkt“ werden müssten. Das sequenzweise Aufnehmen von Unterrichtsstunden müsse ohnehin strikt verhindert werden.
Auch Penz gegen Hutters Vorstoß
Darauf pocht auch Bildungsdirektorin Isabella Penz. Laut ihr brauche es im Unterricht zwar klare Regeln, aber: „Gezielt und unter Aufsicht soll das Smartphone als Lernwerkzeug eingesetzt werden können.“ Daher gebe es von der Bildungsdirektorin auch ein klares Nein zu einem pauschalen Handyverbot im Unterricht: „Wir müssen die Kinder und Jugendlichen auf die digitale Welt vorbereiten.“ So sei das Smartphone mittlerweile als Kommunikations- und Arbeitsmittel in der Schule nicht mehr ersetzbar. Eine Schule ohne Smartphones sei auch einfach fern jeglicher Realität, erklärt Penz: „Die Stundenpläne sind vermehrt digital abrufbar, auch etwa kurzfristige Raumänderungen.“
Einsatz liege in Kompetenz der Lehrkraft
Wie Sandrieser betont, müsse es am Ende in der persönlichen Kompetenz der Lehrkraft liegen, inwieweit das Smartphone in den Unterricht eingebaut wird: „Das ist vergleichbar mit Overheadprojektor oder digitaler Tafel – manche Lehrkräfte griffen bzw. greifen gerne darauf zurück, andere eben weniger“.
Neuer Schwerpunkt an Kärntens Schulen
Eine Unterscheidung entlang der Altersgruppen empfindet der Gewerkschafter als sinnvoll: „In der Grundstufe 1 der Volksschule hat das Handy vielleicht noch nichts verloren, hier ist die Digitale Kompetenz auch noch nicht so gefragt. Das ändert sich aber ab Grundstufe 2 definitiv.“
Elternverein für Smartphone-Verbot
Eine Position, die bei der Elternvereins-Präsidentin für den Bereich AHS/BMHS, Ulrike Reinöhl, auf wenig Gegenliebe stößt. Sie erklärt im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: „An und für sich sollten Kinder so spät wie möglich in Berührung mit Smartphones kommen.“ Dementsprechende Folgen müsse dies auch für den Schulunterricht haben: „Handys haben im Unterricht nichts zu suchen, das ist meine tiefste Überzeugung.“ So spricht sie sich für ein generelles Handy-Verbot bis zum jeweiligen Schulende aus.
Sie habe zwar Verständnis für das Informationsbedürfnis zwischen Eltern und Kindern, doch es sollte reichen, die Eltern über Noten und ähnliches nach Schulende zu informieren. In Notfällen könne man die Eltern auch über das Sekretariat verständigen. Zu ihrer eigenen Schulzeit habe es noch keine Handys gegeben, wie sie erklärt: „Und es hat trotzdem alles funktioniert.“
In den Pausen zerstöre das Smartphone laut der obersten AHS/BMHS-Elternvertreterin auch das soziale Leben: „Es ist leider zu beobachten, dass in Pausen sofort zum Handy gegriffen wird und im Gegenzug kaum noch untereinander gesprochen wird.“ Eine Entwicklung, die laut Sandrieser zwar hier und da stimmen möge, aber: „Hier kann man einfach nichts erzwingen“, kontert er.
Was ist mit Tablets und Laptops?
Ähnlich verläuft die thematische Bruchlinie in Sachen Einsatz von Tablets und Laptops im Unterricht, mit dem sich Reinöhl auch nur schwer anfreunden kann: „In Volksschulen dürfen auf keinen Fall Tablets oder Laptops zum Einsatz kommen“, erklärt sie, und führt weiter aus: „Die Kinder müssen beim händischen Schreiben die Feinmotorik entwickeln. Wegen drohender Kurzsichtigkeit ist es aber wichtig, in allen Schulstufen für so wenig Bildschirmzeit wie möglich zu sorgen.“
„Kein Schritt weg von Digitalisierung“
Ab der 5. Schulstufe werden Schülerinnen und Schüler in Kärnten ohnehin mit digitalen Endgeräten ausgestattet – für die Bildungsdirektorin eine positive Maßnahme, wie sie erklärt: „Wir merken zunehmend, dass dies Früchte trägt, weil sich die Lehrkräfte auch zunehmend digitalisieren. Das muss also mit Schulungen für sie einhergehen, dann ist das erfolgversprechend.“
Rückschritte auf diesem Gebiet kann sich auch Gewerkschafter Stefan Sandrieser schwer vorstellen: „Künstliche Intelligenz und technischer Fortschritt funktionieren eben nicht über Bücher oder Haptisches.“ Dass das Schreiben mit einem Stift eine wichtige Funktion in der Gehirnbildung habe, erkennt Sandrieser. Hier müsse man dann eben alternative Motorik-Trainings anbieten, etwa über eine tägliche Turnstunde. Jeder Schritt weg von der weiteren Digitalisierung im Unterricht würde die Arbeitswelt einfach nicht widerspiegeln.