Es klingt beinahe unglaublich: Der Kärntner Georg Findenig schaffte es als erst vierter Österreicher, den Ärmelkanal zu durchschwimmen – 40 Kilometer war er dafür unterwegs, 11 Stunden und 14 Minuten dauerte das Abenteuer.
„Das geht im offenen Meer nicht“
Georg Findenig ist den Extremsport gewohnt, auch den Ironman hat er bereits mehrmals erfolgreich absolviert. Mit der Ärmelkanal-Durchquerung sei dies allerdings nicht zu vergleichen: „Der Unterschied ist, dass man beim Ironman im Notfall auch einmal gehen oder sein Bike schieben kann. Das geht im offenen Meer nicht.“
Die Idee für das Unterfangen, das manche als verrückt bezeichnen würden, kam dem Kärntner im Jahr 2019: „Ich bin dann einfach einmal nach Großbritannien geflogen, um vor Ort zu sehen, ob ich mir das überhaupt zutrauen würde“, so Findenig, der sofort begeistert war: „Es war wirklich geil, das Ziel war klar.“ Anmelden musste sich der Kärntner Jahre im Vorhinein, jede Woche werden nur zwei bis drei Slots vergeben.
Wörthersee, Stausee und Kroatien
Die Vorbereitung bestritt er meist im Wörthersee: „Ich bin da oft von Klagenfurt nach Velden und wieder zurückgeschwommen“, erklärt Findenig. Um sich auf die besonderen Bedingungen im Ärmelkanal vorzubereiten, suchte er aber auch zwei andere Destinationen auf: „Um für die Kälte gewappnet zu sein, war ich auch oft im Freibacher Stausee und an das Schwimmen im Salzwasser und gegen die Wellen habe ich mich in Kroatien versucht zu gewöhnen.“
Im Oktober 2021 versuchte der Extremsportler zum ersten Mal, den Ärmelkanal zu durchqueren – damals schaffte er es nicht. „Bei mir hat sich seit damals eigentlich nicht viel verändert“, erklärt er gegenüber der Kleinen Zeitung. „Das Problem war, dass ich 2021 einen Slot in der Nacht gehabt habe und ich sechs Stunden in absoluter Dunkelheit schwimmen musste. Da wurde ich seekrank und musste aufgeben.“
Zwei Meter hohe Wellen als Gegenspieler
Erneute eineinhalb Jahre an Training, Entbehrungen und Vorbereitungen folgten – bis am Freitag der erneute Anlauf am Plan stand. Den ganzen Weg hindurch von Großbritannien bis nach Frankreich begleitete ihn ein Boot. Dem Kapitän müsse man als Athlet blind vertrauen können: „Man kann sich das schwer vorstellen, aber man weiß im Wasser nicht, wo links und rechts, wo vorne und hinten ist. Man sieht kaum den Horizont. Der Kapitän ist dafür verantwortlich, dass man das Ziel erreichen kann.“
Der Freitag sei laut ihm von „extremen Eindrücken“ geprägt gewesen: „In der Nacht hat es gestürmt, doch der Kapitän meinte, man könne ihm vertrauen. Um 6 Uhr morgens sind wir zum Boot gegangen und es hieß, dass wir starten. Die Wellen waren aber noch immer zwei Meter hoch“, beschreibt der Extremsportler. Das Boot, das Findenig begleitete, war schließlich sogar das einzige, das an dem Tag für einen Versuch hinausgefahren war.
Neoprenanzug verboten
Mit dabei waren seine drei „Crew-Mitglieder“: „Mein Sohn Stefan Kuchler und meine zwei besten Freunde, Bernhard Grilz und Klaus Gottwald, waren essentiell. Sie waren an Bord mit dabei und ohne ihnen wäre das unmöglich zu schaffen gewesen.“ Doch nicht nur aus moralischen und sicherheitstechnischen Gründen sind sie essentiell: Alle 25 Minuten wurde er von ihnen versorgt, meist mit verschiedenen Gels, mit isotonischen Getränken und Bananen.
Was erschwerend hinzukommt: Die Durchquerung des Ärmelkanals ist nur ohne Neoprenanzug erlaubt – so kommt zur gewaltigen Anstrengung auch noch die Kälte: „Fast zwölf Stunden lang in 17 bis 19 Grad kaltem Wasser zu schwimmen klingt nicht einfach, doch in Wahrheit ist es sogar ein gewaltiger Kraftakt.“
„Die Seele aus dem Leib gekotzt“
Zu Beginn hatte der Kärntner schwer zu kämpfen: „Auf den ersten sieben Kilometern habe ich im Schnitt 2,10 Minuten für 100 Meter benötigt, danach rund 1,20 Minuten. Ich wusste, dass ich es nicht nach Frankreich schaffe, falls die Bedingungen so bleiben sollten. Meine Crew am Boot hat sich wirklich die Seele aus dem Leib gekotzt.“ Doch die See wurde ruhiger, nach 16 Kilometern dann der Boost: „2019 habe ich an dieser Marke aufgeben müssen, nun ging es von dort weg noch einmal leichter voran.“
Der Kapitän merkte, dass es dem Extremsportler gut ging. So wählte er die schnellste, aber auch anspruchsvollste Route ans französische Ufer: „Das war ein Wahnsinn. Ich musste wegen der Strömung eigentlich die letzten drei Kilometer mit Vollgas schwimmen“, erklärt Findenig. Mit Erfolg, nach elf Stunden und 14 Minuten stieg er, sichtlich abgekämpft, aber umso glücklicher, aus den Fluten.
„Sportlich das Größte in meinem Leben“
Angesprochen auf den Grund für das große Abenteuer denkt Findenig nach, um dann doch entschlossen zu antworten: „Es war ehrlich gesagt ein bisschen Genugtuung. Als Kärntner Schwimmer hat man aufgrund der schlechten Trainingsbedingungen kaum die Chance, einmal zu den Olympischen Spielen fahren zu können. Das war nun quasi mein Olympia-Erlebnis“, so Findenig, der die Leistungen des Oberkärntners Heiko Gigler, der es nun tatsächlich zu den Olympischen Spielen nach Paris geschafft hat, im gleichen Atemzug umso mehr würdigt.
Vorbereitung und Durchführung kosteten ihm am Ende eine Summe deutlich im fünfstelligen Euro-Bereich, doch es hat sich ausgezahlt: „Es war unglaublich, sportlich sicher das Größte in meinem Leben.“ Georg Findenig ist erst der 1953. der die Durchquerung des Ärmelkanals schwimmend geschafft hat.