Mit dem neuen Bürgermeister von Grado wollte man in den ersten Wochen seiner Amtszeit wirklich nicht tauschen (wir erinnern uns: Schiffsunglück, Brand im Schwimmbad, großflächiger stundenlanger Stromausfall, Hagel- und Sturmschäden): Nun muss er die „Tari“ erhöhen, und das betrifft auch die Zweitwohnungsbesitzer in Grado.
Die „Tari“ ist eine dieser vielen italienischen Steuern, die einen niedlichen Namen haben (des Autors Liebling ist die „Imu“, die Gemeindesteuer), dahinter verbergen sich die Tariffe Rifiuti, also die Abfallgebühren. Die werden nun für private Haushalte um flotte acht Prozent angehoben, weil es, so der Bürgermeister, wegen der vielen Umweltschutzauflagen wie beispielsweise der Mülltrennung nicht anders gehe. Die Opposition tobt, denn der Bürgermeister, so die Opposition, habe bislang zwei Beschlüsse gefasst – eine Erhöhung der Bezüge für sich und sein Team sowie die Tari-Erhöhung.
Die Diätenerhöhung ist allerdings eine Direktive der Region, und auch die Mitglieder der Opposition hätten im Falle eines Wahlsiegs zugeschlagen, aber zugegeben: Gut sieht das nicht aus. Andererseits ist das ja das berühmte machiavellistische Prinzip: Ein Regent soll die Grausamkeiten sofort nach Amtsantritt und alle auf einmal begehen, die Wohltaten aber nach und nach ausstreuen.
Problem am Meer
Zeit fürs Meer – und für ein neues Problem: Der beliebte „Pennello“, der steinerne Steg zwischen Hauptstrand und Uferpromenade, ist nämlich seit dem November-Hochwasser nicht mehr zugänglich. Warum nicht? Weil es ein Problem der Zuständigkeiten (und damit der Geldtöpfe) gibt. „Nodo competenze“ nennt sich das in Italien sehr anschaulich – Kompetenzknoten. Es fehlt zum Beispiel immer noch der Experte, der sich alles genauer anschaut und entscheidet, ob die Schäden nur oberflächlich oder doch strukturell sind. Einst war der Pennello der trubelige Mittelpunkt des Strandlebens, denn von hier legten die Wasserskifahrer ab; unter ihnen soll sich einmal auch Alain Delon befunden haben, wobei die Quellenlage da sehr dünn ist. (Sicher ist, dass Fürst Rainier von Monaco einmal die casoni in der Lagune besucht hat, um seine Ruhe zu haben, aber das ist eine andere Geschichte.)
Schiffslinie fällt aus
Zum Schluss doch noch einmal zum Beinahe-Unglück der „Audace“, jenes Seelenverkäufers, der zwischen Grado und Triest hin- und herfuhr: Ersatz ist in dieser Saison nicht mehr zu bekommen, die Schiffslinie fällt aus, was in Grado für Verstimmungen sorgt. Einer der hiesigen Funktionäre fordert todesmutig: „Das muss Konsequenzen haben!“ Auch für Satzhülsen wie diese haben Italiener ein schönes Wort: „politichese“ – Politikersprech.
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Stefan Maiwald