„Es ist völlig inakzeptabel, dass hier einige Beamte - offenbar in ihrer Dienstzeit und mit Unterstützung eines externen Dienstleisters – eine persönlich motivierte Fleißaufgabe abliefern. Den Urhebern dieses Machwerks scheint jedes Verständnis für die wirtschaftliche Realität und die möglichen Folgen einer derartigen Negativpropaganda mitten in der touristischen Sommersaison zu fehlen. Wir behalten uns entsprechende rechtliche Schritte wegen Ruf- und Kreditschädigung sowie auf Schadenersatz vor“, wettert Josef Petritsch, Obmann der Sparte Tourismus bei der Wirtschaftskammer Kärnten. Das „Schutz- und Nutzungskonzept Wörthersee“ der Abteilung 12 – Wasserwirtschaft des Amtes der Kärntner Landesregierung, das die Kleine Zeitung am Sonntag publik gemacht hat, löste bei Kärntens Touristikern einen Sturm der Entrüstung aus.
Hier habe vermutlich jemand „ohne den Tourismus zu denken begonnen“, meint Kärnten Werbung-Geschäftsführer Klaus Ehrenbrandtner zum Bericht: „Es gilt, unsere wichtigste Ressource, die Wasserqualität, zu erhalten, aber gleichzeitig auch touristische Angebote zu machen. Ökologie und Ökonomie gehören verknüpft.“
Die Wirtschaftskammer kritisiert in ihrer Aussendung unter anderem den Umstand, dass sich die Verfasser des Berichts den ökologischen Zustand des Wörthersees aufgrund nicht näher beschriebener „Erhebungen“ als Mäßig bezeichnen und daraus Verbesserungsmaßnahmen ableiten, die den Touristikern sauer aufstoßen: „Dazu gehört unter anderem die Auflassung öffentlicher Seezugänge, ein Veranstaltungsverbot z.B. für Wasserskischulen sowie ein Wochenend- oder sogar Sommerfahrverbot für Moorboote; mit einem besonders verhaltenskreativen und praxisnahen Vorschlag: Die Zahl der Motorboote wird reduziert, indem an geraden Tagen nur Boote mit geraden Bootsnummern fahren dürfen und an ungeraden Tagen nur Boote mit ungeraden Bootsnummern.“
Touristiker fordern Aufklärung
Dass die Landespolitik hier von einem „Entwurf“ spricht und beteuert, er sei weder in Abstimmung mit landesinternen Experten erarbeitet noch in Abstimmung mit politischen Vertretern definiert worden, findet man besonders skurril. Die zuständigen Beamten bezeichnet die Kärntner Tourismuswirtschaft als „außer Rand und Band geraten“ und stellt an die zuständigen Landespolitiker einen Fragenkatalog. Unter anderem will man wissen, wer den Bericht in Auftrag gegeben hat, wieviele Mitarbeiter und Abteilungen wie lange damit beschäftigt waren, welche Kosten dadurch dem Steuerzahler entstanden sind und welche wissenschaftlichen Grundlagen dafür herangezogen wurden, um den ökologischen Zustand des Wörthersees zu beurteilen.
Petritsch: „Ich finde es überaus erstaunlich, wie viel Zeit, Energie und auch Steuergeld Landesbedienstete in ein Projekt stecken können, dessen Ursprung völlig unklar ist. Haben die Damen und Herren in den verantwortlichen Abteilungen neben ihren sonstigen wichtigen Aufgaben tatsächlich so viel Tagesfreizeit, dass sie sich solchen Larifariprojekten widmen können? Ich verlange – nicht zuletzt mit Blick auf die enorme und steigende Verschuldung des Landes und die Ankündigung, auch beim Tourismus sparen zu wollen – volle Aufklärung über dieses skandalöse Machwerk. Hier ist das letzte Wort noch lange nicht gesprochen!“
Politik reagiert
Auch für Tourismus- und Wirtschaftslandesrat Sebastian Schuschnig sei es „völlig indiskutabel, dass offenbar im stillen Kämmerchen und ohne Einbindung des Tourismus solche überbordenden und weltfremden Maßnahmen entstehen, die den Tourismus und viele Unternehmer in ihrer Existenz massiv gefährden. Das ist nicht nur ein fatales Signal, sondern setzt leichtfertig die touristische Entwicklung mitten in einer ohnehin herausfordernden Hochsaison aufs Spiel. Ich werde morgen in der Regierungssitzung umfassende Aufklärung und Einbindung verlangen.“
Nationalratsabgeordnete Olga Voglauer, Sprecherin der Kärntner Grünen, sieht es hingegen als notwendig an, Maßnahmen zur Erhaltung des ökologischen Zustandes des Sees zu ergreifen, da sich die vielfältige und intensive Nutzung darauf auswirke: „Maßnahmen, die den Zustand des Sees stabilisieren und zu seiner langfristigen Bewahrung beitragen, sollten nicht nur im allgemeinen, sondern auch im touristischen Interesse liegen, und nicht augenblicklich zu Schnappatmung in der Wirtschaftskammer führen. Immerhin ist ein gesunder Wörthersee die Grundlage für florierenden Tourismus in der Region.“ Bei der Nutzung habe ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen öffentlicher Zugänglichkeit und Naturschutz zu herrschen. Die Grünen fordern mehr Schutzzonen, den Rückbau von Ufermauern und die schrittweise Reduktion der Motorboot-Lizenzen, um ein nachhaltiges Nebeneinander von Naturschutz und Naturerlebnis zu ermöglichen: „Für die nachhaltige Entwicklung der Wörthersee-Region müssen alle an einem Strang ziehen.“