Dem neuen Bürgermeister ist aber auch gar keine Ruhepause gegönnt. Erst legt ein Stromausfall für volle sechs Stunden die Hälfte von Grado lahm, dann wirft ein heftiger Sturm Boote und Bäume um.
Der Reihe nach: Am Sonntag gegen 16.30 Uhr zickte der Strom und floss nicht mehr – in Grado Pineta, Valle Goppion und allen Campingplätzen; betroffen waren mindestens 6000 Personen. Klimaanlagen funktionierten nicht, Aufzüge fuhren nicht, Restaurants konnten keine Pasta zubereiten und Fernseher blieben schwarz, und all das ausgerechnet am Tag des EM-Finales! Nicht auszudenken, wenn Italien gespielt hätte. Erst um 22.30 Uhr gingen die Lichter wieder an, pünktlich zum Siegtreffer der Spanier.
Nun gut, einem Stromausfall mag mancher vielleicht noch etwas Positives abgewinnen, aber was am Freitag, den 19. Juli, über Grado zog, hatte dann nichts mehr von Kerzenschein-Romantik: Ein heftiges, geradezu tropisches Gewitter mit Orkanböen und Hagel peitschte die Insel so richtig durch.
Da rückt was Böses heran
Zugegeben, es hätte schlimmer kommen können. Denn das Unwetter brach just zur „movida“ um 21 Uhr los, als die Stadt voll war, die Restaurants und Bars gut besucht. Bloß gut, dass niemand von umherfliegenden Ästen oder Kaminabdeckungen getroffen wurde. Die Wettervorhersage war klipp und klar: Da rückt was Böses heran, hatten die Meteorologen gewarnt. So konnten die meisten Gastronomen die Gäste rechtzeitig nach innen verfrachten.
Auch der Hagel ging nicht über Grado nieder, wohl aber über die Ortsteile Boscat und Fossalon. Dort wurden Obst- und Gemüsegärten sowie Weinreben beschädigt. Im Golfclub riss der Sturm die Driving-Range auseinander. Auch die Straße zwischen Aquileia und Grado war von abgebrochenen Ästen übersät: Am nächsten Morgen wurde der Verkehr für die Aufräumarbeiten „wechselweise angehalten“, wie es in der Poesie der Verkehrsnachrichten heißt – so einige Reisende werden am An- und Abreisesamstag vor Wut ins Lenkrad gebissen haben.
Am Samstagabend stieg dann der Sommerkarneval, ein Spektakel der guten Art und inzwischen eine kleine Tradition. Das Friaul ist nämlich eine Karnevalshochburg, mehr als jede andere Region Italiens (die Stadt Venedig einmal ausgenommen), und viele Gruppen schneidern und werkeln das ganze Jahr über an ihren Kostümen. Während die üblichen Umzüge rund um die eigentliche Karnevalszeit stattfinden, ist der „carnevale estivo“ vor allem für die Kleinsten ein echter Höhepunkt.
Hoffen wir, dass der Sommer ab jetzt in einigermaßen geordneten Bahnen verläuft, dass die Restaurants die Herde anwerfen können und dass die Nudeln fortan so heiß werden wie die Urlaubsflirts.
Stefan Maiwald